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„Stell dir vor, es ist Krieg“ – und die AfD schickt unsere Jugend hin: Wie ein Antrag auf Einsetzung der Wehrpflicht zum Showdown werden könnte!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Kanonenfutter für Landesverräter?‘ – AfD uneins beim Thema Wehrpflicht“ (aus: „Frankfurter Rundschau“ vom 05.08.2025)

Es war George Washington, der in einem seiner bekanntesten Zitate formulierte: „Wer auf den Krieg vorbereitet ist, kann den Frieden am besten wahren“. Möglicherweise ist es diese Aussage, welche momentan auch Vertreter der Alternative für Deutschland leitet, wenn sie nach übereinstimmenden Berichten für die Zeit nach der Sommerpause einen Antrag auf Neueinsetzung der Wehrpflicht in den Bundestag einbringen möchten. Der „Spiegel“ hatte über einen vorliegenden Entwurf berichtet, der unter anderem auch vom nicht unumstrittenen Abgeordneten Rüdiger Lucassen unterstützt wird, welcher mit Blick auf die junge Generation sagte, dass man mit dem Anliegen zwar „keine Begeisterungsstürme“ auslösen würde. Aber der Weg sei „das richtige Mittel, um „die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands sicherzustellen“. Das Thema ist besonders heikel, profiliert sich die Partei vor allem im Osten durch einen stringenten Pazifismus. Entsprechend braucht es gute Argumente dafür, dass man unseren Nachwuchs erneut zu den Waffen rufen möchte. Andere Funktionäre hatten immer wieder Mutmaßungen zurückgewiesen, dass wir einer akuten Bedrohung, beispielsweise aus Richtung Russland ausgesetzt seien, die eine Aufrüstung und Vorbereitung auf den Ernstfall rechtfertigen und begründen würden.

Auch in der Führungsspitze scheint nicht zwingend Einhelligkeit zu herrschen…

Doch diese Stimmen verhallen offenbar, ist Co-Chefin Alice Weidel sogar für einen zweijährigen Pflichtdienst, wie es unter anderem im Februar 2025 bekannt wurde. Man wolle den Zustand aus 2011 „wiederherstellen“, verlautbarte nunmehr ungeniert aus der Fraktion, die bereits im September aktiv werden möchte, obwohl es harsche Kritik am Vorgehen gibt. So hatte noch im März Björn Höcke auf der Plattform X „im jetzigen gesellschaftlichen Klima“ vor dem Schritt gewarnt. Und auch die jüngste Auseinandersetzung über Einlassungen von Tino Chrupalla im Sommerinterview des ZDF, der sich gegen weitere Lieferungen von militärischem Material an Israel aussprach, um sich damit auf die Programmatik der Partei zu beziehen, zeigt noch einmal deutlich auf, wie schwer es offenbar fällt, einen Kompromiss zu finden. Man könnte argumentieren, dass es den Mandataren ausschließlich um die Instandsetzung der Armee für den Moment des Angriffs von außen geht. Doch die Frage ist berechtigt, ob man die heranwachsende Generation nach den Zumutungen aus der Corona-Pandemie erneut vor den Kopf stoßen möchte, weiß sie im Zweifel gar nicht, für welche Werte sie unser Land in seinem momentanen Zustand schützen soll. Denn wer möchte schon gerne unter Selenskyj-Freund Merz dienen?

Die Vorhaben könnten für den Wähler im Osten eine schwer verdauliche Kost sein…

Die Debatte dürfte noch an zusätzlicher Dynamik gewinnen, sind es gerade die Landesverbände aus Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, die mit der Entscheidung hadern. Und in Sachsen-Anhalt stehen im kommenden Jahr wiederum wegweisende Wahlen an, will Ulrich Sigmund der erste „blaue“ Ministerpräsident werden. Inwieweit es in diesem Kontext sinnvoll und zielführend ist, mit einer Maximalforderung auf Bundesebene vorzustoßen, scheint einigermaßen ungewiss. Zwar setzt er sich selbst für eine neue Implementierung der Wehrpflicht ein, möchte sich dabei aber strikt vom „Aggressionskurs“ des Kanzlers unterscheiden. Es sei nicht beabsichtigt, „Konflikte zu schüren“. Der Vorsitzende in Dresden, Jörg Urban, hatte darüber hinaus in den Raum geworfen: „Wer möchte es schon einer vielleicht korrupten, vielleicht unfähigen Regierung überlassen, ob er in den Schützengraben muss?“. Schlussendlich muss man im Zweifel damit rechnen, gerade bei Erstwählern an Zustimmung und Vertrauen zu verlieren, stellt sich bislang das BSW in dieser Angelegenheit als mögliche Ausweichoption dar. Zwar ist das Grundsatzprogramm eindeutig, welches bereits seit 2016 formuliert, dass man frühere Verhältnisse „reaktivieren“ wolle. Doch die Weltlage hat sich seitdem verändert, die Belastung für den Nachwuchs ist gestiegen.

Die Krux der gesamten Debatte: Darf eine Friedenspartei zu den Waffen rufen?

Zwar sollen 72 % der Basis für den Kurs um die Bundestagsmitglieder votiert haben. Dennoch geht vielen Sympathisanten und Anhängern die Debatte zu weit. So hatte der genannte Lucassen auch die Verpflichtung von Frauen und eine Forderung nach Atombomben für Deutschland in den Raum geworfen, um daraufhin Wut und Beschimpfung auf Twitter zu erfahren. Die scharfe und hitzig geführte Auseinandersetzung kollidiert mit der grundsätzlichen Abwägung darüber, inwieweit man den Souverän zu einer bedingungslosen Liebe und Abschirmung des Vaterlandes zwingen kann. Wie sehr sollen Nationalstolz und Heimatverbundenheit von oben diktiert werden, will man doch eher als Diplomat denn Teil einer westlichen Allianz auftreten, die sich schon allzu oft auf eine „Koalition der Willigen“ eingelassen und bei internationalen Konflikten ohne erkennbare Interessen interveniert hat. Eine deutlich bessere Personalaufstellung der Bundeswehr könnte die momentan Verantwortlichen reizen – und die Mächtigen der CDU sogar dazu zu bewegen, sich beispielsweise noch stärker in der Ukraine oder anderen Brandherden im Nahen Osten einzumischen. Insofern erweist sich die Erörterung der dringlichen wie komplexen Gemengelage als herausfordernd und folgenreich. Denn man wird irgendjemandem auf die Füße treten müssen.