Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Kaltherzig‘, ‚Abschottung‘ – Opposition läuft Sturm gegen Dobrindts Migrationspläne“ (aus: WELT vom 28.05.2025)
Die Empörung in der linken Seele ist gewaltig. Da wagt es doch tatsächlich ein deutscher Innenminister, den Familiennachzug für bestimmte Migrantengruppen um eine übersichtliche Prozentzahl drücken zu wollen, während er gleichzeitig an den Grenzen Bundespolizisten abstellt, die es in der personellen Überforderung aber kaum schaffen, nennenswert Rückweisungen auszusprechen. Stattdessen sie sind gehalten, großflächig an der Praxis festhalten, beim Ausruf von Asyl Einlass in die Republik zu gewähren. Da wird bei Grünen und Linken umgehend von Kaltherzigkeit und Abschottung gesprochen, soll manch ein Automatismus enden. Man tut in gutmenschlicher Manier wieder einmal so, als müsse ein Rechtsstaat auf Basis von Emotionalität und Nächstenliebe handeln. Doch nicht einmal in der Bibel ist vorgesehen, jeden Erstbesten aus der Fremde aufzunehmen. Schon das Gleichnis um einen wohltätigen Samariter macht deutlich, dass der Fokus zunächst auf den Ausgegrenzten in der eigenen Gruppe gerichtet sein sollte, ehe man am Ende mit verbliebenen Ressourcen und letzten Mitteln auch noch denjenigen helfen kann, die in der Nachbarschaft unter tatsächlicher, konkreter, individueller und nachgewiesener Verfolgung leiden.
Solidarität mit sämtlichen Schicksalsgeplagten auf diesem Globus ist weder einem Staat noch seiner Gesellschaft abzuverlangen, bestimmen wir doch bereits gemäß des Völkerrechts unsere Zukunft in kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht souverän. Doch all das will man dort nicht hören, wo man gegenüber dem Unbekannten größere Empathie empfindet als mit dem Bedürftigen von nebenan. Eine in Wahrheit der Frustration und Enttäuschung über die persönliche Lebensbiografie und Leistungsbilanz geschuldete Selbstverachtung wird auf die Gesellschaft projiziert, welcher man auch deshalb mit Argwohn gegenübersteht, kann man sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass der Bürger von heute schon allein aus zeitlichen Aspekten keine Kollektivschuld für die Verbrechen des Nationalsozialismus und Kolonialismus mehr in sich tragen kann. Wir sind stattdessen zu Mahnung und Erinnerung angehalten, dass die damalige Pein der Menschenwürde nie wieder geschieht. Doch Art. 1 GG wird entgegen der allgemeinen Auffassung gerade dann nicht tangiert, fördert man im Zweifel die autochthone Mehrheit mehr als den Flüchtling ohne festen Status und eine dauerhafte Bleibeperspektive.
Dessen Existenzsicherung wäre schon mit der Bereitstellung von überlebenswichtigen Sachleistungen Genüge getan, könnte man sich politisch zu diesem Schritt durchringen. Aber weil nun einmal die Herrschenden unter der Moralfuchtel von NGOs und angeblich Besseren stehen, bleiben selbst die Urteile aus Karlsruhe weitgehend unbeachtet, die unmissverständlich klarstellen, dass Gleichbehandlung nicht bedeutet, Prosperität und Wohlstand für alle zu garantieren, die sich teils in tausenden Kilometern Entfernung auf den Weg in unsere Breiten machen. Solange wir niemanden allein aufgrund dessen Ursprung und Ethnie zu „unwertigen Wesen“ erklären, heißt es vom Verfassungsgericht, spricht auch wenig dagegen, eine generelle Überprüfung von Art. 16a als weltweit nahezu singulären Asylrechtspassus vorzunehmen, der durch die Exekutive ausdrücklich modifiziert und im Zweifel sogar abgeschafft werden kann, käme man zur legitimen und belegbaren Auffassung, dass die Väter des Grundgesetzes nicht beabsichtigt hatten, den Fortbestand einer angestammten Spezies dank der aktuell bis ins Absurde getriebenen Willkommenskultur auf Spiel zu setzen. Sondern eine Kongruenz und Identität zu erhalten, die wiedererkennbar ist.