Eine EU-Asylreform zu unseren Lasten? Wie ab 1. Januar 2026 zusätzliche Flüchtlingskosten auf Deutschland zukommen könnten…

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Randnotiz mit Sprengkraft – Deutschlands Angst vor den Folgen des EU-Asylplans“ (aus: WELT vom 14.10.2025)

Steht Deutschland vor einer neuen Welle an Flüchtlingen – und könnten Abschiebungen künftig vielleicht sogar schwieriger werden? Die Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)“, welche 2024 vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten beschlossen wurde, zielt auf eine bessere Steuerung der Migrationsströme in Richtung unseres Kontinents ab. Um ein besseres Gleichgewicht herzustellen, könnte insbesondere die Bundesrepublik unter neuen Belastungen ächzen. Denn sie muss nach aktuellem Stand mindestens 6.600 zusätzliche Schutzsuchende aus Mittelmeer-Grenzländern wie Italien oder Griechenland aufnehmen, alternativ pro Person Entschädigungszahlungen von 20.000 Euro leisten. Auch die Verpflichtung zur Entsendung von Grenzbeamten dürfte teuer werden. Eine Beschleunigung von Feststellungsverfahren erfordert zudem den Ausbau der zuständigen Behörden mit weiteren Personalaufwendungen und geforderter Infrastruktur. Der Verweis auf das Eingehen von Kooperationen mit den Herkunftsländern findet unter der Prämisse statt, dass hierfür entsprechende Geldleistungen fließen.

Insbesondere zusätzliche Infrastruktur dürfte neue Kosten für Deutschland auslösen…

Und so ist die eigentlich gut gemeinte Effizienz mit einem monetären Kraftakt verbunden, die positiven Auswirkungen wie ein Unterbinden von breitflächigen Weiterreisen müssen sich erst bewähren. Erschwerend kommt hinzu, dass die ab 1. Januar 2026 geforderte Vorabprüfung an den Außenlinien der Union lediglich jenen Kreis an Ankommenden betrifft, deren Anerkennungsquote ohnehin unter 20 Prozent liegt. In beschleunigten Abläufen sollen zudem Fälle abgehandelt werden, in denen es zu irreführenden Angaben kommt – oder auf den ersten Blick etwaige Sicherheitsrisiken bestehen. Für höchstens zwölf Wochen können Betroffene in sogenannten Registrierungszentren untergebracht werden, gegen die dort ergangenen Entscheidungen zum jeweiligen Status ist prinzipiell Berufung – jedoch ohne aufschiebende Wirkung – möglich. Kritiker werfen eine massenhafte Inhaftierung und fehlende Kapazitäten bei bis zu 100.000 Ankünften pro Jahr vor. Eine flächendeckende Realisierung der Vorhaben könnte auch daran scheitern, dass sich der EuGH oder das hiesige Verfassungsgericht mit Dekreten einschalten.

Was ist aus dem Plan Dobrindts geworden, Asylverfahren ins Ausland zu verlegen?

Eine Externalisierung, also eine Verlagerung ganzer Prozesse in die Herkunftsstaaten, könnte ebenfalls auf Hürden stoßen. Deutschland prüft eine entsprechende Zusammenarbeit mit Tunesien, doch Art. 16a GG vermag auch hier einen Strich durch die Rechnung zu machen, wenngleich § 55 AsylG und § 56 AufenthG nicht zwingend vorschreibt, während der Klärung der Verhältnisse auf hiesigem Grund und Boden anwesend zu sein. Allerdings müssten Gesetzesnormierungen angepasst werden, wonach die Bearbeitung eines Begehrens bei fehlender physischer Präsenz nach 48 Stunden eingestellt und für einen regulären Ablauf eigentlich eine persönliche Vorsprache beim BAMF vorgeschrieben wird. Insofern gibt es hier wie da Nachholbedarf der Exekutive, steht im Augenblick noch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus 2024 (Az.: 1 C 12.23) entgegen, dass ohne Grundlage – wie der Zugestehung einer Videoschaltung in Drittstaaten – die Pflicht zur individuellen Anhörung bestehen bleibt. Insofern ist zunächst abzuwarten, ob sich Innenminister Dobrindt darauf einlässt, weitreichende Umstrukturierungen vorzunehmen.