Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD und Netzwerk demonstrieren zeitgleich in Bitterfeld – laut Polizei störungsfrei“ (aus: „Mitteldeutsche Zeitung“ vom 06.10.2025)
Befragt man das Wörterbuch nach der Begrifflichkeit „Phänomen“, so liefert es die Antwort eines beobachtbaren „Ereignisses, einer Erscheinung oder eines Sachverhalts von außergewöhnlichem oder bemerkenswertem Belang, die wahrgenommen, untersucht oder beschrieben werden können“. Man muss in einer Zeit, in der unsere Gesellschaft von sehr viel Oberflächlichkeit lebt, lange nach Menschen suchen, die aus der Allgemeinheit auch deshalb hervorstechen, weil sie im Zweifel bereit sind, für eine gewisse Position und umstrittene Überzeugung selbst dann einzutreten, wenn sie hierfür von ganzen Bevölkerungsteilen mit Verachtung, Widerstand, Spott und Hetze überzogen werden. Glücklicherweise sind immer mehr Bürger in diesem Land bereit, mit Meinungen nicht hinter dem Berg zu halten. Gleichsam scheinen Politiker weiterhin rar gesät, welche Charaktereigenschaften wie Bodenständigkeit, Nahbarkeit, Pragmatismus und Entschlossenheit in sich vereinen, um ihr Profil damit abzuheben vom Vorwurf über „die da oben“.
„Die bescheidenen Menschen wären die berufenen Politiker“, wusste schon Ernst R. Hauschka…
Wer einmal auf den Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, gestoßen ist, der wird ein wandelndes Beispiel für Charisma, Ausstrahlung und Empathie benennen können. Der AfD ist mit ihm nicht nur ein Glücksfall gelungen, sondern sie hat einen Repräsentanten gewonnen, der in Zeiten von Spaltung dazu in der Lage ist, über die eigene Partei hinweg Verständigung zu schaffen. Diese Fähigkeit der Befriedung beim gleichzeitigen Wahren unverrückbarer Forderungen und Bestrebungen – wie jene nach einer Alleinregierung im Anschluss an die Landtagswahlen 2026 – wird in der Republik noch oft gebraucht werden. Eigentlich könnte der in den neuen Medien als Influencer wahrgenommene und aus Perspektive von manchem Journalistenkollegen als „Tiktok-Posterboy“ bezeichnete 34-Jährige mit gewissen Allüren und Exzentrizität auftreten, erfährt er – im Gegensatz zu verschlissenen Berufsprotagonisten – jenseits von klassischen Lagergrenzen einen enormen Zuspruch – nicht nur bei dicht gedrängten Veranstaltungen.
Stattdessen ist es seine Bereitschaft zur Begegnung, zum Zuhören und zum Erklären, die ihn in einer äußerst angenehmen Weise unterscheidet von jenen, die sich in ihrer Machtfülle selbstgefällig von jeglicher Argumentation und Rechtfertigung zurückziehen, den Kontakt zum kleinen Mann scheuen und viel eher in einem Elfenbeinturm der Eigenliebe frönen. Rhetorisch gewandt, mit einem punktgenauen Wortschatz in Richtung der Regierenden, der Leidenschaft zur Entlarvung etablierten Versagens und im Bewusstsein, im Falle von Verantwortung die Chance für eine fundamentale Wende nutzen zu wollen, profitiert er nicht nur vom Protest gegen das Kartell. Seine Beliebtheit resultiert unter anderem aus dem Fakt, sein Publikum vor Ort und auf Augenhöhe abzuholen. Neben einer substanziellen Ausbildung zum Großen- und Außenhandelskaufmann sowie einem angeschlossenen Studium im Bereich BWL und Wirtschaftspsychologie durchlief er zwar eine klassische Karriere durch die Instanzen, welche ihn anfangs über fünf Jahre hinweg in die CDU führte.
Eine stabile Biografie, ein gefestigtes Wesen – was hätte der AfD Besseres passieren können?
Danach wechselte er aber rasch zur rebellisch daherkommenden Alternative für Deutschland, verkörperte dort mehrere Ämter – vom Pressesprecher bis zum Mitglied im Landesvorstand. Aktuell ist er im Magdeburger Parlament, neben seinem Kollegen Oliver Kirchner, Co-Fraktionsvorsitzender. Von der Führung im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration berief in die Mehrheit der „Guten“ ab, torpedierte seinen legitim errungenen Posten mit fadenscheinigen Ausreden. Wiederholt war der vielfach als „Macher“ beschriebene Mandatar staatlicher Repression ausgesetzt, wurde obendrein als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz gebrandmarkt, weil er unter anderem wagte, am sogenannte „Geheimtreffen“ von Potsdam teilzunehmen, um sich mit der Ideologie von Martin Sellner gemein zu machen, dessen Forderung nach Remigration allerdings nur dann auf Argwohn stoßen kann, versteht man sie bewusst als Rückführung fest eingegliederter und die hiesige Staatsangehörigkeit zu Recht besitzender Personen fremden Ursprungs falsch.
Wie fern ihm Arroganz ist, hatte der familiär Verwurzelte unter anderem 2016 in einem Interview beschrieben: „Ich bin mein ganzes Leben lang durchgängig Tangermünder im nördlichen Sachsen-Anhalt“. 2025 beharrte er auf einfachen, praxisnahen Lösungen für Probleme abseits von Bürokratie, aber stets mit gesundem Verstand. Er entgegnet schlichten Falschdarstellungen mit Konsequenz und Inhalt, als er beispielweise beteuerte: „Die Behauptung, die AfD lehne Subventionen ab und lasse Bauern im Stich, ist ein völlig aus dem Zusammenhang gerissener und unwahrer Schwachsinn“. Ebenso vertrat er die Ansicht: „Auch wenn uns AWO, Diakonie und weitere ausgrenzen möchten – wir stehen trotzdem an der Seite der wirklich Betroffenen!“. Ohne Überheblichkeit offenbart er glaubwürdig, authentisch und entlang sämtlicher Einlassungen allzu belegbar: „Mein Verbrechen: Die Liebe zu unserem Land und der politische Kampf für eine bessere Zukunft“. Ohnehin sind seine Botschaften kurz und prägnant, in Videos festgehalten, für jeden nachvollziehbar.
Wenn sogar die CDU eingestehen muss, dass Ulrich Siegmund ganz umgänglich sei…
Dies gilt auch, wenn er umstrittene Standpunkte unterbreitet. Doch viele Anwürfe gegen ihn bleiben unter dem Vorbehalt von Tendenziösität und Neid seiner Gegner als schlichte Rohrkrepierer stecken. So ist die Berichterstattung des „Spiegel“ über die erwähnte Zusammenkunft nahe des Lehnitzsees bis heute von keinen unvoreingenommenen Zeugen bestätigt worden. Dass sich der nunmehr als „Ex-Nazi“ bekennende Erik Ahrens nach langer Zeit dafür herschenkt, gewisse Verlautbarungen in ihrer Echtheit zu bestätigen, die im November 2023 gefallen sein sollen, belastet hingegen Ulrich Siegmund in keiner Weise. Denn hier steht nicht nur seine eigene Aussage „Ich sehe keinen Grund, mich von dem Treffen zu distanzieren – es geht um legale Abschiebung straffälliger Ausländer“ anderslautenden Parolen gegenüber, welche schon allein die Unschuldsvermutung rechtfertigen würden. Viel eher ist es ein gewöhnliches Manöver, dass sich Aussteiger mit Enthüllungen um Aufmerksamkeit und Rampenlicht bemühen. Ihre Integrität leidet darunter wesentlich.
Insofern besteht für den AfD-Repräsentanten kein Zweifel an seinem ausgegebenen Motto: „Illegale Migration stoppen – wir holen uns unser Land zurück!“. Denn er fängt mit diesem, auf den ersten Blick möglicherweise populistisch wirkenden Akzent jene Stimmung ein, die zu kippen drohen würde, bliebe es bei einem schlichten „Weiter so“ unter seinem Herausforderer Sven Schulze (CDU), welcher allerdings nicht nur in den Umfragen abgeschlagen, sondern schlichtweg farb- und zahnlos wirkt. „Das Jahr 2015 war ein negativer Wendepunkt in der deutschen Geschichte – durch diese Entscheidungen ist unsere kulturelle Identität gefährdet“, sagt dagegen ein „blauer“ Leuchtturm mit Signalwirkung über Harz, Elbe, Saale und Kyffhäuser hinweg, der es versteht, seiner Heimat neuen Glanz, Hoffnung und Sinn zu schenken. Die absolute Mandatsmehrheit ist nicht gesichert, wird allerdings täglich wahrscheinlicher. Wer Ulrich Sigmund als Beispiel nimmt, kann siegen lernen. Und das würde unserer geschundenen wie enttäuschten Nation endlich einmal guttun.
[…] https://www.riehle-news.de/wie-die-afd-vom-unverwechselbaren-ulrich-siegmund-zu-kampfen-und-siegen-l… […]