Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Straßenschlacht mit Macheten in München: Nachbarn in Angst vor brutalen Jugendgangs“ (aus: „BILD“ vom 27.08.2025)
Es gehört zu den ureigensten Aufgaben der Opposition, die Mächtigen zu kontrollieren. Dazu zählt im demokratischen System unter anderem auch die Befugnis von Parlamentariern, mit Fragen an die Regierung heranzutreten, um von ihr Auskunft darüber zu erhalten, inwieweit sie ihren gesetzlichen Pflichten nachkommt. Jüngst ist eine Diskussion – auch durch Ilse Aigner – darüber entbrannt, ob diese Kompetenz mit Blick auf die AfD eingeschränkt werden soll. Ihr wird zum Vorwurf gemacht, sie nutze ihren Anspruch für das Spionieren von heiklen Informationen aus, um sie beispielsweise nach Russland weiter zu tragen. Doch bei genaueren Erkundigungen in den Ländern konnten keine strukturellen Hinweise erhoben werden, dass die Alternative für Deutschland die ihr laut Verfassung zustehenden Rechte für unredliche Interessen missbraucht. Stattdessen bleibt es eine Hypothese, eine schlichte Behauptung, ihr alleine aufgrund der Tatsache kritischer Nachforschungen zu Infrastruktur oder Wehrfähigkeit zu unterstellen, vom hiesigen Geheimdienst und Behörden sensible Zusammenhänge im Auftrag von Moskau zu sammeln. Denn die Partei will auch in gänzlich anderen Belangen den Herrschenden auf die Finger schauen, weil sie hierzu vom Wähler den Auftrag und die Legitimation erhalten hat.
„Personenbezogene Daten“ stehen über dem öffentlichen Interesse auf Aufklärung…
Und so vermochte auch Mandatar Jörg Baumann von der Staatsregierung um Markus Söder zu brutalen Rivalitäten zwischen zwei Jugendgangs am 19.08.2025 in München nähere Hintergründe in Erfahrung bringen – und unter anderem wissen, ob die Beschuldigten bereits polizeibekannt waren, ob derartige Auseinandersetzungen schon häufiger vorkamen und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit auf den Straßen der bayerischen Hauptstadt wiederherzustellen. Doch der zuständige Innenressortchef Joachim Hermann blieb einigermaßen schmallippig. In der Antwort wurde zunächst eine ausführliche Begründung vorgeschoben, warum man auf zahlreiche Aspekte nicht eingehen kann – oder will. So heißt es: „Grenzen der Antwortpflicht können sich ergeben, wenn – wie vorliegend – Grundrechte Dritter berührt werden. Praktische Bedeutung entfaltet dabei insbesondere der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dieses Grundrecht soll die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen gewährleisten. Es sichert jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem jeder seine Individualität entwickeln und wahren kann“. Wüsste man es nicht besser, könnte man glatt meinen, hier wird konsequenter Täterschutz betrieben.
Eine Ausrede reiht sich an die andere: Bayerns Regierung betreibt offensiven Täterschutz!
Denn insgesamt sechs Fragen wurden mit dieser Argumentation abgebügelt – und auch im weiteren Verlauf fehlt es den Ausführungen an Substanz. Wie die konkreten Zahlen zu ähnlich gelagerten Vorfällen aussehen, möchte man nicht sagen, denn „für eine Beantwortung müsste insofern eine umfangreiche manuelle (Einzel-)Auswertung von Akten und Datenbeständen im Polizeipräsidium München und dem Landeskriminalamt erfolgen. Dies würde zu einem erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand führen“. Auf welche Ausreden wird man sich wohl noch zurückziehen? Beispielsweise auf selbige: „Mangels expliziter, valider Rechercheparameter ist eine automatisierte Auswertung nicht möglich“. Das gesamte Dokument liest sich wie ein ausschweifendes Alibi, um möglicherweise nicht einzugestehen, wie sich das von Friedrich Merz ins Rampenlicht gerückte Stadtbild über die Jahre hinweg auch zwischen Isar und Würm verändert hat. Lediglich zu den bisherigen Bemühungen, eine „enge Zusammenarbeit“ von „Polizei, Justiz, Sozialreferat, Gesundheitsreferat, Staatlichem Schulamt, freien Trägern, Psychiatrie und Jugendämtern“ zu ermöglichen, lässt man sich näher ein. Doch dieses Schulterklopfen täuscht nicht über die Bankrotterklärung hinweg, sich im Zweifel auf die Seite von abschirmenden Geheimniskrämern und prädatorischen Banden zu schlagen.







