Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Prüfverfahren: Die Straße zum AfD-Verbot – Neuer Antrag aus dem Bundestag geplant“ (aus: „neues deutschland“ vom 26.10.2025)
Die Umfragewerte für die AfD zementieren sich, die Partei liegt nun beständig vor der Union. Diesen Trend haben Politiker der CDU genauso verinnerlicht wie Repräsentanten der Grünen oder der SPD. Und so wächst die Hilflosigkeit im Umgang mit der gescholtenen Opposition, mangelt es den etablierten Kräften an Werkzeugen und Ideen, wie sie den Aufschwung der Blauen endlich bremsen könnten. Dabei liegen die Antworten und Gründe für deren Versagen doch ganz offen im Merz’schen Stadtbild herum. Trotzdem möchten einige den einfacheren Weg als die argumentative Auseinandersetzung gehen. Obwohl die Mehrheit der Befragten unter der Wählerschaft ein Verbot der Alternative für Deutschland strikt ablehnt, kommen gerade aus dem hohen Norden nachdrückliche Worte. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und Vize Aminata Touré sind vorne mit dabei, einen Antrag in Karlsruhe einzufordern. Gegen Nazis und Faschisten habe man vor Gericht zu gewinnen, verlautbart es aus zahlreichen Ecken der Republik.
Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz ist für Ausnahmen gedacht, die aktuell nicht vorliegen…
Vergegenwärtigt man sich noch einmal, für welchen Ausnahmefall Art. 21 Abs. 2 GG von den Gründungsvätern in die Verfassung aufgenommen wurde, so geht es um einen direkten Angriff auf Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit, Gewaltenteilung und Gleichheit. Und dieser muss konkret und substanziell ausfallen, darf sich nicht allein auf Mutmaßungen oder Vorurteile beziehen, die vom Handeln und Reden weniger Repräsentanten auf die Gesamtheit einer ganzen Institution schlussfolgern. Der aggressiv-kämpferische Charakter muss offen zu Tage treten, das Krakeelen von „Omas gegen rechts“ genügt den Ansprüchen ausdrücklich nicht. Und auch ein Gutachten des Geheimdienstes bleibt in der konsequenten Auswirkung ohne die konkludente und plausible Beweisführung nutzlos, bediente sich lediglich einzelner Phrasen aus Programmatik oder Zitaten führender Köpfe, die sich nicht verallgemeinern lassen, sondern im politischen Meinungsaustausch der Werbung für die Sache als zulässig und zugespitzt zu begreifen sind.
Bloße Rhetorik und scharfe Wortwahl sind kein Grund, eine Partei verbieten zu können…
Das Potenzial, gegen die freiheitliche Ordnung erfolgreich zu agieren, muss greifbar und realistisch sein. Eine nationalistische Gesinnung ohne handgreiflichen Affront kann den Anforderungen dann nicht gerecht werden, wenn damit eine begründete Unterscheidung zwischen In- und Ausländern im legislativen Raum angeprangert wird. Selbige wurde nämlich höchstrichterlich für legitim erklärt, greift es nicht in die Menschenwürde ein, an hiesige Bürger im Zweifel andere Maßstäbe anzulegen als an den Flüchtling, der exemplarisch mit Blick auf die sozialen Sicherungssysteme bisher keinerlei eigenes Engagement oder Beitrag geleistet hat. Eine nicht mit unseren Prinzipien zu vereinbarende Diskriminierung ergibt sich ausschließlich auf Basis genereller Ablehnung aus ethnischen Gründen, die darüber hinaus Ehre, Würde, Integrität und Existenz des Gegenübers im schlichten Ressentiment der Fremdenfeindlichkeit abspricht. Mit Ansinnen wie der Remigration wird diese Prämisse keinesfalls erfüllt, fehlt es an automatischer Xenophobie.
Der Beweis einer kämpferischen Agitation gegen die Menschenwürde bleibt unerbracht…
Dass eine Herabsetzung des Individuums durch die massierte Fokussierung auf Nachteile der illegalen Einwanderung erfolgt, kann deshalb nicht attestiert werden, weil die Schablonisierung geeignet sein muss, beim vernunftmäßigen Beobachter für Aufwiegelung und Anstachelung zu sorgen. Jeder weiß, dass in einer aufgeheizten Diskussion Abstrahierung und Verabsolutierung ihren Platz haben. Populismus begründet noch keinen Extremismus, die Kritik am System kommt nicht zwingend der Absicht zu dessen Umsturz gleich. Viel eher braucht es stichhaltige Beispiele, welche zur Illustrierung einer Mentalität herhalten können, welche sich nicht nur gegen die repräsentative Demokratie, sondern die Volksherrschaft in ihrer ursprünglichen Variante richtet. Skepsis gegenüber der EU, Vorwürfe der Tendenz an unsere Justiz sind nicht nur dank Art. 5 GG unter Schutz gestellt. Sie gehören dringlichst zum Schlagabtausch der Konzepte für ein besseres Morgen, an dem jeder mitwirken sollte, dem der Souverän durch sein Votum den Segen erteilt hat.







