Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Koloniale Pflanzennamen: Rassismus im Blumenkübel“ (aus: FAZ vom 23.04.2025)
Es ist eine alte Weisheit: Rechts wird man nicht dadurch, die Rechten zu beobachten, sondern die Linken zu begreifen. Heutzutage braucht es nur noch wenig, um sich beispielsweise einer Partei wie der AfD zugehörig zu fühlen, verfügt man über Augen und Ohren. Denn natürlich kann man sich weiterhin auf dem häuslichen Sofa die abendliche Dosis der Tagesschau geben, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass in Deutschland eigentlich alles in Ordnung ist. Schließlich scheint es zumindest im Augenblick noch nicht verboten, die Behauptung in den Raum zu stellen, es gäbe 367 verschiedene Geschlechter, der Klimawandel liege am CO2 oder die Erde sei ein Würfel. Man muss sich von der Wirklichkeit abschotten, um nicht mitzubekommen, in welch kurzer Zeit sich die Bundesrepublik zu einem vielfältigen Ort entwickelt hat, an dem nicht mehr das eigene Volk das Sagen hat, sondern fortlaufende Regierungen mit der Absicht, ein wohlständiges und prosperierendes Miteinander abzubrechen – um eine neue Gesellschaft zu formen, die mit einer christlichen und aufgeklärten Prägung genauso viel Gemeinsamkeit besitzt wie der Islam mit einer prinzipiellen Bereitschaft zu Frieden und Versöhnung.
So hat es weder etwas mit Rassismus noch Extremismus zu tun, sich in den hiesigen Fußgängerzonen zunehmend fremd zu fühlen – oder bei Schüssen von Beamten auf einen mit Reizgas und Messer umherlaufenden Jugendlichen nicht sofort von Polizeigewalt zu schwadronieren. Die öffentliche Wahrnehmung wird von einer Doktrin der Antifa und einer Moral der Weltoffenheit gezeichnet, welche sogenannte Umsiedlungsprogramme von Sudanesen als eine Bereicherung für unsere Rentenkasse und Sozialsysteme verkaufen wollen – und Afghanen als schutzbedürftige Flüchtlinge etikettieren, vor deren Passfälschung nicht nur unsere Behörden warnen. Wer angesichts dieser Zustände geschlossene Grenzen und eine Festung Europa fordert, das Ende der energetischen Transformation herbeisehnt, der queeren Bewegung den Geldhahn zudrehen will und Kirchenglocken dem Minarett vorzieht, betreibt nichts anderes als Selbstschutz. Für diese Haltung muss man sich nicht verteidigen. Sie ist Ausdruck von Verstand – und ein Abschied von Gutgläubigkeit. Denn auch einer Nation, die in ihrer Geschichte auf dunkelste Kapitel verweisen muss, kann man nicht abverlangen, dass sie ihre Existenz und Zukunft preisgibt.
Es besteht für uns ein Recht auf Unversehrtheit, Integrität und Souveränität, die wir weder aus fehlender Heimatverbundenheit von Katrin Göring-Eckardt oder der Aversion gegen Schwarz-Rot-Gold eines Robert Habeck veräußern dürfen. Noch aus Gründen des erhobenen Zeigefingers jener, die mit ihrer persönlichen Herkunft und der bisherigen Leistungsbiografie nur allzu wenig anfangen können. Im Zweifel gehören Individuen auf die therapeutische Couch, die sich um des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid willen das Atmen verbieten möchten, Macheten als ein gängiges Werkzeug beim nächtlichen Spaziergang durch unsere Parks respektieren und dem Unbekannten sogar dann noch die Hand der Willkommenskultur reichen, wenn er ihnen das letzte Hemd genommen oder Kalifat und Scharia als rentablen Austausch gegen Demokratie und Freiheit angeboten hat. Hohn, Spott und Verachtung für das Bewährte und Immanente, Jubel und Begeisterung für das Diametrale und Entgegengesetzte, all das sind Ausformungen einer Identitätskrise, für die aber nicht eine wachsende Mehrheit an Pragmatikern herhalten kann, die erinnernde und mahnende Verantwortung mit ewiger und genereller Schuld verwechselt.