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Der Zuspruch für das Bündnis Sahra Wagenknecht zeigt die Volatilität unter der deutschen Stimmbevölkerung

Politikberater sieht Schwingungsfähigkeit der Demokratie durch das Aufkommen neuer Parteien gesichert

Auf Anhieb konnte das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Umfragen einen deutlichen Stimmenzuwachs für sich verbuchen. Verloren hat dadurch unter anderem die AfD, aber auch die Regierungsparteien müssen teilweise weiter Federn lassen. Prinzipiell sei die Entwicklung ein positives Signal für die Schwingungsfähigkeit der Demokratie, die ihre Selbstregulierungskraft bewiesen habe. Diese Auffassung vertritt der Politik- und Kommunikationsberater Dennis Riehle in einem Statement – und erklärt wie folgt:

Für mich zeigt der spontane Zuspruch für das Bündnis Sahra Wagenknecht vor allem, dass die Parteienbindung in Deutschland massiv nachlässt – und sich viele Bürger nicht mehr einer bestimmten ideologischen Haltung oder Gesinnung zuordnen, sondern Fluktuationsbereitschaft, Flexibilität und Anpassungswillen zeigen. Dies macht die Prognose und Vorhersage von möglichen Ergebnissen einer kommenden Abstimmung an der Wahlurne schwieriger. Gleichzeitig offenbart sich aber mit Blick auf die AfD auch, dass ihr deutlich weniger Menschen mit einer festen Überzeugung zugewandt sind, als bisher angenommen. Stattdessen kann wohl ein nicht unerheblicher Teil ihrer Sympathisanten dem Klientel des Protestierenden zugeordnet werden, der in einer diffusen, uneinheitlichen Unzufriedenheit mit den Zuständen im Land von jeglicher Orientierung an einstigen politischen Heimaten abgelassen hat.

Diese Bevölkerungsgruppe hat der Alternative für Deutschland also nicht zwingend aufgrund einer ausschließlich nationalkonservativen Positionierung ihre bisherige Sympathie geschenkt, sondern ist im Zweifel auch offen dafür, seine prinzipielle patriotische Werteorientierung mit sozialistisch anmutenden Konzepten gelenkter Wirtschaftskreisläufe, gigantischer Umverteilung und basisorientierter „Demokratisierung“ von Betrieben zu verbinden – wie es sie das BSW verspricht. Dieser Befund ist einerseits ein gutes Zeichen, denn er macht eindrücklich klar, dass die Demokratie in Deutschland weiterhin reagibel ist – und sich nicht auf einem festgezurrten Pfad hin zur Alleinherrschaft einer einzelnen politischen Kraft befindet. Damit entkräften sich auch viele Sorgen, Befürchtungen und Schreckensbilder, die momentan gezeichnet werden, um die Bevölkerung für Proteste GegenRechts zu instrumentalisieren – und den Untergang des freiheitlichen Abendlandes als propagandistisches Narrativ zum Machterhalt der Etablierten aufrechtzuerhalten.

Andererseits muss allerdings die Erkenntnis befremden, dass es in der Bevölkerung tatsächlich eine Vorstellung gibt, wonach man den Ampel-Bestrebungen zur Etablierung eines Ökosozialismus mit der Flucht in den Kommunismus entkommen könnte. Denn während Habeck sich ein Traumgebilde der blühenden Solarpanelenlandschaften wünscht, in dem der vegane Sammler dem Jäger und Bauern die Leviten liest – und ukrainische AKW, deutsche Kohlekraftwerke und französische Meiler als Feigenblatt für eine misslungene, doppelmoralistische Energiewende, möchte Wagenknecht nach den bisher bekanntgewordenen programmatischen Schwerpunkten wohl eine Rückkehr zu den bereits mehrfach in der Historie gescheiterten Versuchen einer zentralgelenkten Ökonomie unter Regulierung von Produktvielfalt, Produktionsweisen und Produktpreisen nicht ausschließen. Wo nun Letztgenanntes im Vorteil gegenüber der Transformation nach Lang, Baerbock oder Nouripour sein soll, erschließt sich mir nicht wirklich. Stattdessen mutet es danach an, als wolle man einen Brand mit Öl löschen. Wir kommen vom Regen in die Traufe, wenn wir aus der bloßen Euphorie einer neuen Parteigründung der One-Woman-Show einer zweifelsohne rhetorisch begabten, mit Charisma auftretenden und die Probleme im Land benennen könnenden Politikerin auf den Leim gehen, die im Herzen natürlich weiterhin links ist – auch wenn es vielleicht nicht tiefgrün, dafür aber dunkelrot in ihr schlägt.

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