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Für den Fall der Fälle: Welchen Plan B haben Wähler der AfD, käme ihre Partei doch noch unter die Räder des Bundesverfassungsgerichts?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Rechtsextremismus und ein AfD-Verbotsverfahren: Was spricht dafür und was dagegen?“ (aus: Deutschlandfunk vom 02.08.2025)

Auch wenn das Thema in der Sommerpause ein Stück weit in den Hintergrund geraten ist, so bleibt die Diskussion über ein mögliches Verbot der AfD präsent. Von SPD bis Grünen ist man weiterhin dazu bereit, allein auf Grundlage eines haltlosen Gutachtens des Verfassungsschutzes jene kritische Opposition in Karlsruhe untersagen zu lassen, mit der man sich inhaltlich bislang weder auseinandergesetzt noch tragfähige Argumente dafür gefunden hat, weshalb sie denn nun eigentlich gesichert rechtsextremistisch sein soll. Schließlich genügt eine bloße Aneinanderreihung von Zitaten diverser Politiker, die nur dann anrüchig und verwerflich wirken können, biegt man in seinem politischen Dasein stets links ab, entsprechenden Bedingungen und Voraussetzungen aus den für das Verfahren festgelegten Regularien im Grundgesetz keineswegs.

Es benötigt viel eher den stringenten, konkludenten und plausiblen Nachweis, dass nicht nur einige Vertreter aus der zweiten oder dritten Reihe mit durchaus polarisierenden Überzeugungen und Positionen elementare Werte der freiheitlich-demokratischen Ordnung tangieren oder sogar mit Füßen treten könnten. Sondern die Forderungen müssen auch mit der Absicht einer aggressiv-feindseligen Umsetzung dazu geeignet sein, die derzeitige Herrschaftsform realistisch und wahrscheinlich zum Niedergang führen zu wollen. Doch dafür mangelt es an jedem Anhalt.

Mit einem Verbot würde sich kein einziger AfD-Wähler in Luft auflösen!

Außerdem bleibt die Perspektive kurzsichtig, hat bis heute niemand die Frage beantwortet, was sich beispielsweise ein Lars Klingbeil vorstellt, erließen die roten Robenträger ein Dekret, um sodann ein Viertel der Bürger ideologisch heimatlos zu machen. Das Portal Wahlen.de hatte im Zeitraum vom 5. bis 9. Mai 2025 eine Umfrage unter dem Titel gestartet: „Wen würden Sie wählen, wenn die AfD verboten wird?“. 30 Prozent derjenigen, die momentan für die Alternative für Deutschland votieren, würden dann ins Nichtwählerlager wandern, 24 Prozent zum BSW. Jeweils acht Prozent zu Union und FDP, sieben Prozent bevorzugten unter diesen Vorzeichen „andere“ Kräfte, um damit wahrscheinlich in Richtung „WerteUnion“, „Die Heimat“ oder „Der III. Weg“ zu driften.

Eine massive Erosion der weltanschaulichen Landschaft wäre unausweichlich die Folge, manche Experten sehen sogar Potenzial für Aufstände in solch einem Fall. Schließlich sind Optionen wie das Bündnis Sahra Wagenknecht nur dann eine tatsächliche Ausweichmöglichkeit, sucht man die Schnittmengen mit der Alternative für Deutschland einigermaßen vergebens. Da mögen es die Ideale von Pazifismus und ein bisschen mehr Abschiebung sein, die beide miteinander vereinen. Aber ein ernsthaftes Entweder-oder ergäbe sich nicht, wäre das Pendeln und Wechseln nur ein geringeres Übel in dieser Konstellation.

Könnte der Deutsche seine Lethargie überwinden, griffe Karlsruhe in seine Souveränität ein?

Das Risiko für Rebellion scheint prinzipiell zwar gegeben, selbst wenn sich die Bevölkerung in der Gegenwart ziemlich lethargisch gibt, nach Corona-Diktatur oder Tabubruch der offenen Grenzen durch Angela Merkel verschiedenste Zumutungen hinzunehmen. Doch ohne längst in Massen vom heimischen Sofa aufgestanden zu sein, lautstark in den Straßen gegen das etablierte Kartell Protest zu üben oder sich mit einem deutlich entschiedeneren Votum als bislang auf dem Stimmzettel zu wehren, kommt manch ein Beobachter sogar zu der Aussage, dass 1989 heute kaum mehr möglich wäre, zeigen wir trotz drei Dekaden Pause noch immer Ermüdungserscheinungen vom Demonstrieren damals, um nicht schon wieder auf die Barrikaden gehen zu wollen.

Würde sich also ein namhafter Kreis wirklich bequemen, in der im Augenblick noch recht undenkbar erscheinenden Situation des Anwendens von Art. 21 Abs. 2 GG überhaupt einen Mucks von sich zu geben? Oder zöge man sich achselzuckend und schmollend zurück, würde die Mehrheit noch mehr Verdrossenheit frönen, statt den Mächtigen endlich die rote Karte zu zeigen? Man darf gewisse Dynamiken sicherlich nicht unterschätzen, die momentan noch zugeschüttet sind von einem gewissen Wohlstand und einem erprobten Leidensdruck. Doch die Erwartungen sollten gleichzeitig nicht zu hoch gesteckt werden, sagte doch schon Heinrich Heine allzu treffend: „Luther erschütterte Deutschland – aber Francis Drake beruhigte es wieder: Er gab uns die Kartoffel“.