Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel Scholz gegen Merz: Zwei Sachverwalter im Duell („Tagesschau“ vom 10.02.2025)
Fernab von einer lebendigen Demokratie, fragen sich momentan immer mehr Menschen, ob wir allenfalls noch in einer Simulation unterwegs sind. Auf der Suche nach Antworten, konnte man aktuell – wie soll es anders sein – beim Blick in den Flimmerkasten fündig werden. Da begegnen sich zwei Kanzlerkandidaten im TV-Duell, bei dem manch ein Beobachter schon nach wenigen Minuten Erinnerungen an Waldorf und Statler aus der Muppet-Show hegt. Friedrich Merz und Olaf Scholz setzen sich wie im mittäglichen Debattierclub des Seniorenwohnheims „Zum rüstigen Politrentner“ mit Wattebällchen denn mit Argumenten auseinander. Was als eine Konfrontation gedacht ist, entpuppt sich als ein langatmiger Schlagabtausch schwach wechselnder Softbälle, die zwischen dem derzeitigen Amtsinhaber und dem vermutlichen Nachfolger nur allzu gemächlich hin- und hergehen. Und weil die Positionen für die Zeit nach dem 23. Februar eigentlich schon fest besetzt scheinen, entwickelt sich abseits von einem Zuspielen von Schuld für Fehler der Vergangenheit nur äußerst bedingt ein Darbieten von wesentlichen Unterschieden in der Programmatik. Möglicherweise liegt es am fortgeschrittenen Wahlkampf, dass beide einigermaßen kraftlos wirken und sich eher wie im Geplänkel an der Fensterbank mit Banalitäten herausfordern.
Sympathischer im Gesamtauftritt soll nach Befragungen im Anschluss des Formats der einstige Bürgermeister Hamburgs von der SPD gewesen sein. Inhaltlich überzeugte demnach mit einem geringen Abstand der Frontmann der CDU aus dem Konrad-Adenauer-Haus. Mitreißen konnte erwartungsgemäß keiner von ihnen. Denn während sich der eine nicht darüber bewusst scheint, dass er nunmehr seit über drei Jahren an der Spitze dieses Landes steht, gibt es vom Sauerländer Urgestein hingegen ein paar Brocken an Lösungsansätzen für die Probleme unserer Gegenwart, welche allerdings schon deshalb nicht überzeugen können, weil es ihnen an Konsistenz und Geradlinigkeit fehlt. Schließlich sind Ankündigungen so lange Schall und Rauch, wie sich das Einheitskartell weigert, die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse im Volk zur Kenntnis und ernst zu nehmen. Denn da kann sich der Widersacher von Angela Merkel noch so sehr bemühen, von einer gravierenden Umkehr zu fabulieren, mangelt es doch innerhalb des „Weiter so“-Systems an Bündnispartnern, die in einer Striktheit die fundamentale Kehrtwende zu beschreiten bereit sind. Denn ein Miteinander aus Schwarz und Grün wäre für Wachstum, Wohlstand und Prosperität fataler als die bisherige Ampel.
Einigte man sich alternativ auf eine Kenia-Koalition, dürfte sie nicht einmal die Halbwertszeit der bisherigen Lichtzeichenanlage erreichen. Konkrete Antworten auf die drängendste Frage, mit wem sich die Konservativen die Verwirklichung ihres halbgaren Maßnahmenplans für die Zukunft vorstellen, konnte es auch deshalb nicht geben, weil die Bedrängnis von allen Seiten zunimmt. In den Kommunen vor Ort wächst die Erkenntnis und Vernunft, dass es ohne die AfD nicht gehen wird. Die Spitze der Union ist gleichsam ein Getriebener der kostspielig aufmarschierten Gutmenschen, welche die Moralkeule von 1933 schwingen – und selbst Söder voller Inbrunst prusten lassen, dass man mit den Blauen niemals kooperieren wird. Und so blieb die Sendung am Sonntagabend wohl das traurigste, enttäuschendste und langweiligste Aufeinandertreffen zweier Charaktere der jüngeren Historie, die zwar in ihrer Art und ihrem Wesen nicht unterschiedlicher sein könnten. Aber die als gemeinsamer Leierkasten des immerwährend gleichen Vokabulars und sich ständig wiederholender Floskeln eben doch das bemitleidenswerte Duo abgeben würden, das einer gewisse Komik nicht entbehrt.
[…] Merz und Scholz als energieloses Rentner-Duo: Wie schwach kann ein Wahlkampf noch werden? […]