Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Debatte über Regenbogenflagge: Ein Politikum – auch im Abgeordnetenbüro“ (aus: „Tagesschau“ vom 10.07.2025)
Wer sich in diesen Tagen nicht nur in den sozialen Medien herumtreibt, wird unweigerlich auf manch eine Regenbogenflagge stoßen, die aber längst nicht nur in der Virtualität für sogenannte Queerness wirbt. Auch auf öffentlichen Gebäuden, in Hochschulen oder vor Polizeistationen können wir sie bewundern, hat sie an vielen Orten Schwarz-Rot-Gold verdrängt. Obwohl das Grundgesetz mit Blick auf die Beflaggung eindeutig ist, demonstriert aktuell vor allem Lars Klingbeil mit farbigen Lichtbändern Macht und Stärke gegenüber Friedrich Merz, welcher sich wiederum in Einklang mit der Mentalität von Bundestagspräsidentin Klöckner befindet, Buntheit nicht nur im Parlament abzulehnen. Das Finanzministerium setzt weiterhin ein Zeichen. Allerdings nicht etwa für Toleranz und Respekt vor der homoerotischen Liebe, die lange Zeit auch auf den CSD-Paraden als Ausdruck von Gleichberechtigung eingefordert wurde. Mittlerweile geht es um das Implementieren einer Ideologie, die Selbstbestimmung bis ins Absurde fördert, geschlechtliche Zweigliedrigkeit abschaffen will und darüber hinaus Fetisch wie Perversion zur Normalität erklärt, die mittlerweile sogar in Kindergärten und Schulen an unsere Jüngsten herangetragen werden soll.
Die queere Regenbogenagenda erweist der Gleichberechtigungsbewegung einen Bärendienst!
Als schwulen Mann überkommt mich angesichts von Hundemasken, Windeln oder Lack und Leder heutzutage ein derartiges Ekelgefühl, dass ich mit Blick auf jene „Demonstrationen“ meinen Brechreiz kaum zurückhalten kann, denen ich selbst einst beiwohnte, war es doch nicht immer ganz so leicht, für gleichgeschlechtliche Zuneigung Verständnis abzuverlangen. Heute gehen die Forderungen so weit, dass derjenige für sich immer neue Rechte und Befugnisse beansprucht, welcher auf dem Meer der unendlichen Möglichkeiten nach sich selbst sucht, kann und will er weder Maskulinität noch Femininität frönen – oder in Sachen Identität in einem Hafen vor Anker gehen, scheint eine Festlegung außer Mode geraten zu sein. Stattdessen beklatscht die woke Minderheit das öffentliche Herumtragen einer Monstranz, die das Defizit der Orientierungslosigkeit zu einer Tugend erhebt, statt klipp und klar auf dem biologischen Minimalkonsens zu beharren, dass das schlichte Empfinden als Bratpfanne, Tomate oder Streifenhörnchen nicht dazu taugt, seinen Eintrag auf dem Standesamt ändern zu lassen. Wir leisten einer Gesinnung Vorschub, die das Private aus dem Schlafzimmer dem Unbekannten auf der Straße wider dessen Willen auf die Nase bindet.
Wer sich in endloser Selbstbestimmung verstrickt, wird seine Existenz verpassen!
Jeder Lebensentwurf hat grundsätzlich Akzeptanz verdient. Was sich ein kollektives Gefüge allerdings nicht bieten lassen kann, das ist die Preisgabe sämtlicher Konformität und Sitte. Das Beharren auf einem normativen Wertegerüst hat nicht nur einen ethischen Zweck. Sondern es scheint der Entwicklung des Individuums zuträglich, verlangt man ihm eine gewisse Definition ab, die nicht gänzlich ausschert bei der mehrheitlichen Vorstellung darüber, was als gewöhnlich zu betrachten ist. Denn Halt und Stabilität lassen sich vor allem dann gewährleisten, beharrt man nicht zwanghaft auf einem Anderssein, das nicht etwa Ausdruck von Originalität oder Verwirklichung ist. Sondern eher ein Abkommen vom Weg darstellt, welchen wir gemeinsam gehen wollen, um Funktionalität und Verlässlichkeit unseres Miteinanders überhaupt erst zu ermöglichen. Wer sich obsessiv einer Einpassung verweigert, kursiert er abseits von der Realität in einer „Szene“ oder „Community“, wird sich perspektivisch nicht nur in einer Parallelwelt wiederfinden, sondern auf eine Biografie zurückschauen, die von ständigen Brüchen gezeichnet ist, Fixation und Persönlichkeit ausspart sowie vor lauter Kurvenhaftigkeit kein klares Ziel erkennen lässt. Und solch eine Verdammnis ist kein Grund zum Jubeln, sondern zu bedauern.