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Schicksalstage für das BSW – nicht nur in Brandenburg: Will man Abklatsch vom großen Rest statt Konkurrent mit eigenem Profil sein?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Brandenburger SPD besorgt wegen Streit beim Koalitionspartner BSW“ (aus: „Tagesschau“ vom 20.12.2025)

Wofür ist eigentlich das BSW gegründet worden? Diese Frage stellt man sich umso mehr, seit Initiatorin Sahra Wagenknecht auf eigenen Wunsch in den Hintergrund der Wertekommission gerückt ist, um nicht zuletzt Fabio De Masi Platz zu machen, dessen Agenda nur schwer erkennen lässt, was ihn denn nun wirklich von DIE LINKE unterscheidet. Querelen gibt es mittlerweile in nahezu jedem Landesverband, besonders prekär ist die Lage derzeit in Brandenburg. Zugespitzt hatte sich der Konflikt im November 2025, als man um die Reform der Medienstaatsverträge rang. Für die Anhänger um die einstige Führungsspitze waren die angedachten Veränderungen nicht weitgehend genug, rüttelten sie doch nicht an der fehlenden Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und einer regierungskonformen Propaganda in diversen Sendungen von ARD und ZDF. Dabei war es eigentlich im Gründungsmanifest des Bündnisses festgelegt, dass man sich diesem Thema besonders kritisch widmen wolle. Doch weil man in Potsdam eine Koalition mit der SPD bildet, stimmten zunächst einige Abgeordnete im Kabinett den wachsweichen Formulierungen zu. Das sorgte für Ärger, die vier Mandatare Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon traten aus der Partei aus, verblieben allerdings in der Fraktion.

Der Konflikt in Brandenburg stellt die prinzipielle Frage von Anpassung und Profilierung…

Ihnen habe es an Unterstützung von der Bundesebene gemangelt, der Landesvorstand würde die Regierungsfähigkeit durch die strenge Opposition gegenüber den Sozialdemokraten in Frage stellen, monierten sie einhellig. Tatsächlich steht die Mehrheit auf der Kippe, die Aufrufe zur Einheit ziehen wohl auch deshalb nicht, weil einige Mitstreiter der Überzeugung anhängen, dass Glaubwürdigkeit nur durch Anpassung erreicht werden kann. Dabei etabliert man sich nicht etwa durch größtmögliche Überschneidung mit den Genossen, sondern durch ein individuelles Profil, das nicht zuletzt an einer grundsätzlichen Frage hängt: Will man Teil der Brandmauer sein – oder gibt es eine Bereitschaft zum Mut, den authentischen Verhältnissen in der Bevölkerung auch durch den Dialog mit der AfD gerecht zu werden? Mittlerweile wurden die Abtrünnigen aufgefordert, ihre Rücktritte gänzlich zu vollziehen, um wiederum Klarheit und Ordnung zu schaffen. Eine Streitschlichtung war gescheitert, der Verkehrsminister mit dem Appell zur Versöhnung nicht durchgedrungen. Ministerpräsident Woidke wird zunehmend ungeduldig, Spaltung und ein Bruch zwischen den Lagern droht. Spricht das nun gänzlich gegen die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen? Oder durchläuft man lediglich einen Prozess der Positionierung?

Ein Kardinalfehler des BSW war die geschmähte Debatte über den Umgang mit der AfD!

Jedes neue Projekt muss sich erst finden, vielleicht wollte man zu schnell zu viel. Und wahrscheinlich hat man sich über Monate hinweg um eine Auseinandersetzung gewunden, welchen Sinn und Zweck man in der politischen Landschaft eigentlich erfüllen möchte. Soll es Unabhängigkeit auf Teufel komm raus sein, verweigert man sich reflexhaft in Kontaktschuld, sinnvoll erscheinenden Anträgen der Alternative für Deutschland zuzustimmen? Wird die Scheu vor vermeintlich „rechten“ Überzeugungen obsiegen, soll man sich weiterhin auf einen Spagat einlassen, um Korrektheit und Moral willen? Schnittmengen mit den „Blauen“ wären durchaus vorhanden, nicht nur bei der Bewertung des Ukraine-Krieges ist man sich weitgehend einig. Auch hinsichtlich notwendiger Reformen des Asylwesens und einer Abkehr von der ideologisch motivierten Transformation trifft man sich in zahlreichen Punkten. Die Kooperation mit der Sozialdemokratie hat hingegen den Vorwurf einer Neoliberalisierung eingebracht, man schwankt zwischen einer progressiven Basis und einem konservativen Wählerklientel haltlos hin und her. Inwieweit sich diese Widersprüche auflösen lassen, scheint im Augenblick mehr als fraglich. Denn eine zentrale Figur, die Orientierung geben konnte, hat das Schiff bereits verlassen. Welch ein Sinnbild!