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Das BSW und der Minimalkonsens: Genügt die Verständigung auf das Einfordern von Frieden, um der AfD Paroli bieten zu können?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Druck auf Wagenknecht: Berliner BSW will selbst über Neumitglieder entscheiden“ (aus: „Tagesspiegel“ vom 05.08.2025)

Lange Zeit hatte man vom BSW kaum mehr etwas gehört. In den Umfragen liegt die Partei knapp bei vier Prozent, um auf Bundesebene offenbar nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Immer wieder hatten interne Querelen für Aufsehen gesorgt, gab es Anwürfe einer Machtzentrierung bei der Namensgeberin selbst. Und auch inhaltlich haderte man augenscheinlich mit manch einer Position, wollte das Bündnis von Anfang an lagerübergreifend Wähler für sich gewinnen, ohne dabei sachlich allzu konkret zu werden. Es brauchte auf der einen Seite das Bedienen linker Standpunkte wie die sogenannte „Demokratisierung von Betrieben“, also ein verstärktes Mitspracherecht der Arbeitnehmer im Unternehmen. Allein diese Aussage hatte den Verdacht aufgebracht, Verstaatlichungen und Enteignungen seien im Zweifel nicht ausgeschlossen.

Immerhin sind noch immer Aussagen von Sarah Wagenknecht im Ohr, die da beispielsweise tönten: „Man kann im Rahmen des Grundgesetzes wunderbar den Kapitalismus überwinden – und mehr als das wollen wir auch nicht“. Und so stand auf der anderen Seite der schlichte Vorhalt kommunistischer Tendenzen wiederkehrend im Raum. In der aktuellen Programmatik heißt es einigermaßen verklausulierend: „Dafür wollen wir Marktmacht begrenzen und marktbeherrschende Konzerne entflechten. Wo Monopole unvermeidlich sind, müssen die Aufgaben gemeinnützigen Anbietern übertragen werden“. Ein Schelm, wer hierbei an marxistisch-leninistische Ambitionen denkt.

Das BSW prägt vor allem für Pazifisten politische Alleinstellungsmerkmale…

Dennoch scheint man weiterhin eine gewisse Option für all jene Wankelmütigen zu sein, die in der AfD kein Zuhause finden wollen. Insbesondere im Osten sind manche Wähler irritiert darüber, dass die Alternative für Deutschland nicht mehr in allen Teilen konsequent für Frieden einsteht – und exemplarisch fordert: „Die Wehrpflichtarmee hat der Bundesrepublik Deutschland über mehr als fünf Jahrzehnte gute Dienste geleistet und für die Verankerung der Streitkräfte in der Gesellschaft gesorgt. Daher fordert die AfD die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht“. Hiergegen macht die Konkurrenz um die einstige Linken-Ikone eine klare Ansage: „Die Lösung von Konflikten mit militärischen Mitteln lehnen wir grundsätzlich ab“.

Und weiter: „Wir wehren uns dagegen, dass immer mehr Ressourcen in Waffen und Kriegsgerät fließen, statt in die Bildung unserer Kinder, die Erforschung umweltschonender Technologien oder unsere Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen“. Solche Nuancen können das Zünglein an der Waage sein, trifft man seine Entscheidung auf dem Stimmzettel vor allem monothematisch. Wer hingegen Vehemenz in anderen Bereichen sucht, wird eher enttäuscht. So spricht man die illegale Zuwanderung als eine Mutter der Probleme wenig substanziell an. Es heißt lediglich: „Wer in seiner Heimat politisch verfolgt wird, hat Anspruch auf Asyl. Aber Migration ist nicht die Lösung für das Problem der Armut auf unserer Welt“.

Eine Mischung aus sämtlichen politischen Richtungen, mit nur wenigen Schnittstellen…

Mittlerweile baut man Strukturen in der Fläche auf, sogar in der Provinz will man Gruppierungen gründen, um sich ein Fundament zu errichten. Dass hierbei eine bunte Mischung an Charakteren mit verschiedensten Vorstellungen über die Zukunft zusammenkommt, die man nur dann unter einen Hut bringen kann, einigt man sich auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner, zeigt das Beispiel des neu geschaffenen Kreisverbands Bodensee und Hochrhein. Während deren Vorsitzender einst bei der „Linken Liste“ in Konstanz kandidierte, ist sein Stellvertreter zwar kein unbeschriebenes Blatt. Doch er ließ sich bisher keiner bestimmten Strömung zuordnen. Dagegen gilt sein als Sprecher gewählter Kollege eher dem rechten Spektrum nahestehend. Und das für Kommunalpolitik verantwortliche Mitglied im Vorstand kommt ursprünglich aus der SPD.

Ein Sammelsurium ideologischer Weltsichten, das laut eigenen Aussagen vor allem deshalb zusammenhält, weil man sich auf einen einzigen verbindenden Tenor geeinigt hat, der da lautet: „Angesichts der unverantwortlichen Kriegsrhetorik der sogenannten ‚demokratischen Mitte‘ und der maßlosen Aufrüstung“ wolle man gemeinsam eine neue politische Verankerung suchen, in der „gesellschaftliche Debatten ohne Einschränkung des Meinungskorridors und ohne Stigmatisierung Andersdenkender“ möglich seien. Ob dieser Kompromiss allerdings ausreichen wird, um eine Basis für weitergehende Konzepte und Lösungen zu schaffen, bleibt unter Minimalkonsensen doch mehr als fraglich.