Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel: „Wie ARD-Mann Zamperoni uns das Aushalten von unsinnigen Argumenten lehrt“ (aus: FOCUS vom 07.10.2025)
Hat da tatsächlich der „Rechte-Meinung-Detektor“ bei der ARD versagt? Als Moderator Ingo Zamperoni in der Sendung „Die 100 – Was Deutschland bewegt“ auf einen 19-jährigen Studenten stieß, ahnte er wohl noch nicht, dass in Kürze das Weltbild eines jeden Haltungsjournalisten zerstört werden würde, hatte es doch ein junger Mann in das Format geschafft, der nicht jene Antworten lieferte, die die Chefredakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von ihm erwartet hätten. Zögerlich, mit einiger Ankündigung und der Rückversicherung, offen seine Auffassung äußern zu dürfen, gab er einen Satz aus, welcher im Nachhinein für Entrüstung und Zustimmung zugleich sorgte: „Der Krieg ist nur Show, um uns Angst zu machen – vor allem vor Russland“, war da also zu hören, als es um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ging. Doch was genau war nun verwerflich an der Feststellung, dass es seit geraumer Zeit in der Bundesrepublik um Ertüchtigung der Nation für den Ernstfall geht, um die Suggestion, jede noch so private Drohne dem Schuldbereich des Kremls zuzuordnen?
Die Sorge vor einer kritischen, selbstreflektierten Jugend scheint medial groß zu sein!
Rasch erhob sich in den sozialen Medien die Forderung, unsere Jugend müsse möglichst lange vom Internet ferngehalten werden, um Putins Propaganda nicht zum Opfer zu fallen. Wieder einmal hält es eine angeblich so liberale Gesellschaft nicht aus, dass Positionen und Überzeugungen kundgetan werden, die so gar nicht in bestehenden Narrative passen, wonach ausschließlich Moskau für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich sei. Bis heute fehlen konkrete Nachweise für die ständig wiederholten Schreckensszenarien, eine Rote Armee 2.0 könnte spätestens 2029 vor den Toren Berlins stehen. Wovor muss sich Europa wirklich fürchten? Fallen wir nicht wieder einer Verängstigung zum Opfer, die schon mit Blick auf Corona oder den Klimawandel funktioniert hat, um uns bei Laune zu halten und Milliarden für Rüstungs-, Erneuerbaren oder Pharmaindustrie zu investieren? Wurde eine Verschwörungstheorie während der besten Sendezeit über den Äther geschickt? Oder hat sich nicht viel eher ein couragierter Nachwuchs eigene Gedanken gemacht, um zu einem souveränen Urteil zu kommen?
Wir müssen lernen, Meinungen auch dann auszuhalten, wenn sie auf uns falsch wirken!
Der mutige Charakter hat augenscheinlich Schlagzeilen und Nachrichten reflektiert, die uns von der etablierten Presse um die Ohren gehauen werden. Er spricht für Mündigkeit und Erwachsenheit, nicht jede vorgekaute Kost zu sich zu nehmen, die Vorreiter ständiger Zuspitzung – von Merz über Hofreiter, Kiesewetter bis zu Strack-Zimmermann – vor allem deshalb anbieten, weil sie die geschichtliche Einordnung des militärischen Überfalls von 2022 scheuen. Es war nicht zuletzt die Expansion der NATO, die entgegen von Zusicherungen – beispielsweise durch den ehemaligen Außenminister Genscher – über Jahrzehnte sukzessive vorangetrieben und mit dem proeuropäischen Sturz eines die Interessen der Regionen Luhansk und Donezk berücksichtigenden Präsidenten auf dem Maidan auf den vorläufigen Höhepunkt getrieben wurde, welche als Ursprung und Genese benannt werden müssen, um der gesamten Dimension und Kausalität des Geschehens gerecht zu werden. In der hiesigen Öffentlichkeit zeigen sich dagegen nur gelenkte und dramatisierte Ausschnitte, Halbwahrheiten und Einseitigkeiten.
Ist es bloß ein Märchen, dass wiederum Deutschland etwas vom Zaun brechen könnte?
Wie nahe sind wir einer erneuten „Operation Barbarossa“ von 1941, einem Präventivschlag gegenüber der „Sowjetunion“, der Erzählung von Nationalsozialisten als Propaganda und Vorwand, weil sich de facto keine Gefahr aus dem Osten zeigte? Wird abermals eine Bedrohung an die Wand gemalt, die es beim Abklopfen von Indizien gar nicht gibt? Es waren sogenannte Think Tanks aus den USA, die erstmals ins Spiel gebracht haben, dass sich die russische Aggression über Kiew hinaus gen Westen ausdehnen könnte, ohne für diese Prognose stichhaltige Argumente oder Gründe zu liefern. Gemäß des BND gibt es nämlich „keine Hinweise zu konkreten Kriegsabsichten Russlands“. Allein der Umstand, derzeit mit etwa 600.000 Soldaten gebunden und durch wirtschaftliche Sanktionen belastet zu sein, lässt die Annahme des „Institute for the Study of War“ als wahrscheinlich gelten, wonach es von Sibirien bis zum Ural kaum Anzeichen für eine „immanente Konfliktvorbereitung“ gibt. Ein Gedanke, mit dem sich Kriegslobbyisten allerdings erst anfreunden müssen.
[…] Als ein Student den Kriegstreibern die Leviten las: Blüht uns eine Eskalation Putins – oder doch … […]