Quelle: Clipdealer.de, 9423153, Erworbene Standardlizenz.

Anforderungen an die medizinische Begründetheit bei Kindergeldanspruch im Erwachsenenalter

Ist ein Kind aufgrund einer vor dem 25. Lebensjahr eingetretenen chronischen Erkrankung oder Behinderung nicht in der Lage, einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeit nachzugehen – und dadurch den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen, so besteht unter bestimmten Voraussetzungen auch über die Altersgrenze und das Ende der Ausbildung hinweg ein Anspruch auf Weiterzahlung des Kindergeldes an die Eltern. Um diesen auch entsprechend durchsetzen zu können, bedarf es gegenüber der Familienkasse einer plausiblen Darlegung der medizinischen Begründetheit. Diese kann beispielsweise durch das Vorlegen einer ärztlichen Attestierung erbracht werden, aus der die jeweilige Krankheit des Kindes, der Beginn und das Ausmaß der damit einhergehenden Funktionsstörungen und möglichen Teilhabebeeinträchtigungen am Alltag und beruflichen Leben konkretisiert hervorgehen. Entgegen anderslautender Anforderungen ist darin jedoch nicht der Nachweis einer etwaigen Behinderung zu erbringen. Diese Einstufung obliegt am Ende im Zweifel der Judikative, entschied nun aktuell das Finanzgericht Hamburg in einem Urteil. Auch müsse nicht zwingend ein Schwerbehindertenausweis als Nachweis vorliegen. Stattdessen brauche es eine für den Einzelfall hinreichende Entscheidungsgrundlage für den Sozialmedizinischen Dienst bei den Kindergeldbehörden, die allerdings individuell jeweils anders aussehen könne. Entscheidend sei, dass sich die Familienkasse ein Bild davon machen könne, inwieweit das Kind noch in der Lage dazu ist, unter den gewöhnlichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ein auskömmliches Einkommen zur Sicherstellung des Daseins erzielen zu können. Auch die entsprechenden Voraussetzungen zum Vorliegen einer Erwerbsminderungsrente sind nicht obligatorisch zu erfüllen oder bei der Abwägung anzuwenden. Es komme lediglich darauf an, dass sich im Zweifel auch ein Gericht Eindruck darüber verschaffen könne, ob eine Behinderung im Sinne des hierfür anzuwendenden Gesetzes gegeben ist.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Urteil Finanzgericht Hamburg vom 12.10.2023, veröffentlicht am 05.01.2024

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