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Der Sündenfall der AfD: Das verdeckte Betreten von Wohnungen durch den Staat ist auch mit Kriminalitätsbekämpfung nicht zu rechtfertigen!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Angeblich das härteste in Deutschland: Berlin beschließt neues Polizeigesetz“ (aus: „Berliner Morgenpost“ vom 04.12.2025)

Eigentlich hört es sich wie eine vernünftige Sache an: Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am 4. Dezember 2025 einer Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zugestimmt. Sie soll die Befugnisse der Polizei stärken und deutlich erweitern. Die Verabschiedung wurde nicht etwa durch die Stimmen der AfD ermöglicht, da Kai Wegner keine absolute Mehrheit brauchte. Insofern bestand keinerlei Not für einen Helfershelfer, was den Vorgang brisant macht. Entscheidend sind insbesondere die Verschärfungen in §§ 26a und 26b. Die dortige Regelung sieht vor, dass Ermittlungsbehörden IT-Systeme wie etwa Smartphones oder Laptops mit Schadsoftware infiltrieren dürfen, um verschlüsselte Kommunikation – beispielsweise Messenger – abzugreifen, Gerätespeicher auszulesen oder laufende Aktivitäten zu überwachen. Hierfür werden sie nach § 26 ASOG künftig auch verdeckt Räume betreten dürfen, wenn eine Ferninstallation technisch nicht möglich ist. Das Missbrauchspotenzial hierbei ist enorm, die Privatsphäre wird gänzlich zur Disposition gestellt.

Denn die massive Aushöhlung der Verfassung mit dem Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung stößt nicht nur bei Freiheitsfanatikern auf gravierendes Misstrauen. Hier werden in einem Gesamtpaket Zugeständnisse gemacht, die jeglicher Verhältnismäßigkeit widersprechen. Denn ein Einbrechen in das Eigentum des Bürgers durch die Exekutive ohne Wissen des Betroffenen und ohne sofortige Mitteilung ist rechtsstaatsfern. Da können auch Ausflüchte nicht ziehen, die unter dem Deckmantel fungieren, man wolle härter gegen Kriminalität vorgehen. Die Alternative für Deutschland hat es einerseits vollends vermissen lassen, über die Beweggründe ihrer Befürwortung öffentlichkeitswirksam zu informieren. Es ist nicht andererseits erkennbar, dass die Partei eine hinlängliche Abwägung des Nutzens und der Folgen dieser schwerwiegenden Verletzung der Integrität des Einzelnen vorgenommen hat – zumindest nicht vor verschlossenen Türen.

Die Doppelmoral lässt sich auch dann nicht auflösen, wenn man sich „schwergetan“ hat…

Ihre Vertreter geben sich entsprechend schmallippig, obwohl die Kritik nicht endet. Denn augenscheinlich ist die Fraktion in eine schlichte Doppelmoral entglitten, wendet man sich vordergründig gegen die Übergriffigkeit des Systems, erteilt ihm aber nun einen Persilschein, will er sich – wenn auch nur bei schweren Straftaten – über die letzten Bastionen hinwegsetzen, die das Volk vor der Anmaßung und Bevormundung der Mächtigen schützen sollen. Es ist kein tragfähiges Argument, zu behaupten, es wäre um „ganz oder gar nicht“ gegangen. Wer für sich beansprucht, regierungsfähig sein zu wollen, der muss auch in der Opposition Prinzipien behaupten, darf sich nicht von CDU und SPD über den Tisch ziehen lassen. Die Krokodilstränen der „blauen“ Mandatsträger sind eine Posse, betont man jetzt, das „Ja“ sei „schwergefallen“. Wer Rückgrat hat, lässt sich nicht auf faule Taktiererei ein, auch wenn das generelle Ziel hehr sein mag.

Immerhin wird hervorgehoben, es ginge um die Bekämpfung von Terrorismus, organisierte Verbrechen und häusliche Gewalt. Doch gerade der AfD sollte bewusst sein, wie leichtfertig in der Bundesrepublik des Jahres 2025 Legitimität zweckentfremdet wird. Da überspannen Sicherheitskräften nicht nur bei „Schwachkopf“-Memes ihre Kompetenzen, Willkür kennt man mittlerweile sowohl aus Justiz wie Beamtenapparat. In dieser Atmosphäre Art. 13 GG preiszugeben, ist unverzeihlich. Da mag der Rest des 700 Seiten umfassenden Papiers noch so sehr notwendig und nachvollziehbar sein, die Kollateralschäden dürften bei manch einem Sympathisanten durchaus dazu führen, über die Wählbarkeit jener nachzudenken, die seit Angela Merkel wissen sollten, wozu es führen kann, wenn man Tür und Tor öffnet. Sich als Hardliner zu positionieren, um damit Menschen zu beeindrucken, die kein Problem damit haben, wenn Horch und Guck mitliest, erweist sich als risikoreich.

Die AfD in Berlin hat durch ihren Verrat an den Bürgerrechten schweren Schaden genommen…

Entsprechend muss man nun auch die Konsequenzen tragen, ist der Shitstorm in den sozialen Medien immens. Schließlich hat sich entlarvt, was lange verdeckt war. Die unschöne Fratze subtiler Hörigkeit tritt zutage. Im Zweifel würde man wahrscheinlich mit dem Teufel paktieren, belohnt die Koalition sogar noch dafür, dass man mit dem eigenen Ansinnen, die Maßnahmen vor allem auf Delikte aus dem Täterkreis der illegalen Migranten zu fokussieren, gescheitert ist. Es war der eindeutig falsche Anlass, um seine Kompromissbereitschaft zu zeigen. Natürlich muss man in einer Demokratie auch zu Mittelwegen und Einigungen bereit sein. Und selbst der Verweis auf die Programmatik der AfD mag sich bewähren, setzt man mit der jetzigen Entscheidung gleichsam Forderungen um, mit denen man einst Wahlkampf betrieb. Exemplarisch seien Quellen-TKÜ, Online-Durchsuchung, Schleierfahndung, mehr Datenspeicherung und lückenlose Videoüberwachung an Brennpunkten der Hauptstadt genannt.

Diese Autorisierung war allerdings explizit dem Gebaren von Clans und Islamisten vorbehalten. Und genau selbige Beschränkung sucht man im Resultat vergeblich. Sämtliche Berücksichtigung des Datenschutzes der unbescholtenen Bevölkerung blieb außen vor, die Spielräume für Polizei und Staatsanwaltschaften scheinen nunmehr grenzenlos. Einfach nur schlecht verhandelt – oder sich bewusst, unter Zurückstellung jeglicher Bedenken, als durchsetzungsstark erwiesen? Sachlich gesehen bleiben an dem sicherlich noch manch ein Gericht beschäftigenden Konsens elementare Webfehler immanent, die auch an der Fachlichkeit derjenigen Zweifel aufkommen lassen müssen, die in Ausschüssen und Sitzungen an der Abmachung mitgewirkt haben. Rigorosität ohne Nuancierung, mit dieser Strategie begibt man sich auf das Glatteis der Versuchung, Scham und Skrupel vor dem Aufweichen liberaler Eckpfeiler niederknien zu lassen. Möge man darauf ausrutschen!