Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Verwarnungen im Bundestag: Schon wieder! Klöckner muss gleich gegen zwei AfD-Männer durchgreifen“ (aus: FOCUS vom 10.07.2025)
Hochgejubelt, aber schnell wieder gefallen: Die weiterhin recht frisch im Amt befindliche Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat sich bei vielen Bürgern mit ihrer konsequenten Haltung hinsichtlich der Regenbogenflagge zunächst großen Respekt erarbeitet, setzte sie doch Regelungen strikt durch, weder auf dem Dach des Parlaments noch in den Gängen aller angeschlossenen Gebäude Zeichen und Symbole der Diversität zu dulden, welche abseits des mehr oder weniger kultivierten Streits im Plenum die Atmosphäre ideologischer Vereinnahmung verbreiten könnten. Doch rasch sank das Ansehen der einstigen Weinkönigin ins Bodenlose, nutzt sie mittlerweile ihre Herrschaftsgewalt an der Spitze des Hohen Hauses für eine willkürliche Einschränkung der Meinungsfreiheit aus. Vornehmlich gegenüber der AfD und den Linken, missbraucht sie das Druckmittel des Ordnungsrufes zur beliebigen Beschneidung der unbehelligten Rede, hat sie mittlerweile sogar untersagt, den Kanzler als „Lügner“ zu bezeichnen oder ihm „Halbwahrheiten“ nachzusagen, gehören diese Vokabeln offenbar nicht zu dem Wortschatz, welchen sich die frühere CDU-Schatzmeisterin gegenüber ihrem Parteichef wünscht.
Julia Klöckner fügt dem Amt des Bundestagspräsidenten schweren Schaden zu!
Trotz Neutralitätspflicht im Amt, gebärdet sich die 52-Jährige als Rächerin der Demokratie, die allerdings erheblichen Nachholbedarf mit Blick auf Artikel 5 des Grundgesetzes hat. Denn gerade im legislativen Raum ist auch der populistische Austausch plumper Überzeugungen selbstredend erlaubt. Ein angemessener Tonfall und solide Umgangsformen schließen nicht aus, in der Rhetorik scharf zu schießen. Wer bestimmte Silben nur deshalb nicht hören will, könnten sie die Wahrheit über den Regierungschef und seine Koalition zu Tage fördern, entpuppt sich als Schutzmacht der Mächtigen, aber nicht als Wächter über die ideologische Debatte. Immer wieder reitet sie darauf herum, ihr komme als Sitzungsleitung Unantastbarkeit zu, versteht sich die in Bad Kreuznach geborene Lehrerin für Sozialkunde und katholische Religion augenscheinlich als Monarchin, welche in ihrer pädagogischen Manier aber keine Schulklasse zu betreuen hat, sondern den Tiegel unserer Volksherrschaft als schwingungsfähigen Ort für die größtmögliche Artikulation der unterschiedlichsten Standpunkte, Konzepte und Visionen freihalten soll, die bei Bedarf auch reißerisch vorgetragen werden dürfen.
Da Parlament ist ein Haifischbecken, kein Friedensseminar!
Das Zeitalter für eine Sprachpolizei ist längst vorbei, das Abgeordnetenparkett war in der Vergangenheit sehr viel öfter Schauplatz derber Schlammschlachten zwischen Exekutive und Opposition. Wer ausgerechnet in der Wiege des pluralistischen Diskurses die subjektive Vorstellung einer Netiquette durchzudrücken versucht, welche nicht darüber hinwegsieht, dass in aufgeladener Atmosphäre keinesfalls nur Schmeicheleinheiten verteilt werden, sondern sich Minister auch unter Anwendung von Zuspitzung, Übertreibung und Metaphorik für ihr Tun und Handeln zu rechtfertigen haben, ist gänzlich ungeeignet für ein Funktion, in der man nicht zu zart besaitet sein sollte. Immerhin ist Berlin kein Kuschelzoo, weshalb dort kein Blatt vor den Mund genommen werden sollte, geht es um die Enttarnung von Verrat am kleinen Mann, das Kleinreden der Verhältnisse in unserem Land und ein Negieren von Zuständigkeiten für all das, was momentan schiefläuft. Wir können auf eine rheinland-pfälzische Kronprinzessin verzichten, die aus einem Rednerpult für den politischen Schlagabtausch einen Laufsteg der Schönfärberei macht. Denn Harmonie und Frieden gibt es nur in der Kirche.