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Ein Projekt mit ambitionierten Visionen: Wie das „Team Freiheit“ das ideologische Dreieck aus CDU, FDP und AfD aufmischen könnte!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Vor der Landtagswahl 2026: Christof Ronge verlässt die FDP – und bleibt der Politik doch treu“ (aus: „Schwäbische Zeitung“ vom 19.08.2025)

Die FDP dümpelt zwischen drei und vier Prozent, Christian Dürr bemüht sich in peinlichen wie unprofessionellen Videos um Jugendlichkeit, Marie-Agnes Strack-Zimmermann lobbyiert weiter für Aufrüstung und gegen einen schnellen Frieden in der Ukraine. Was ist also aus einer Strömung im Duktus und Habitus von „Hoch auf dem gelben Wagen“ geworden, scheint eine außerparlamentarische Oppositionspartei keinerlei Anstrengungen zu unternehmen, bewusst und willentlich zurück in den Bundestag zu kommen? Wer soll noch Leidenschaft und Enthusiasmus für eine politische Kraft verspüren, die den Bedeutungsverlust ohne Not selbst herbeigeführt und sich von Idealen wie Prinzipien verabschiedet hat, die einst noch Charaktere wie Westerwelle, Genscher, Kinkel, Scheel oder Heuss verkörperten? Und warum sollte man einer Agenda nachtrauern, die nicht zuletzt eine Heroisierung des Christian Lindners in Verruf gebracht hat?

Wer in der Moderne das Atmen der Marktwirtschaft, die Verteidigung von Meinungsvielfalt, die Effizienzsteigerung des Sozialstaates, die Steuerentlastung der Allgemeinheit oder die Entbürokratisierung eines Beamtenapparats forcieren und verteidigen will, kennt ohnehin andere Vorbilder. Da fallen mittlerweile Namen wie Milei, Hayek, Mises oder Friedman, sind sie die klassischen Vertreter des sogenannten Libertarismus, mit dem nicht nur der argentinische Präsident sein Volk wieder vom Kopf auf die Beine gestellt hat. Auch in Deutschland will das neu initiierte „Team Freiheit“ jenen Rückenwind mitnehmen, der sich aus mehr speist als einem bloßen Trend. Denn die Philosophie, die hinter dem Ansatz steckt, wird schon deshalb manchen Zeitgeist überdauern, weil an vielen Orten auf diesem Globus progressiv-repressive Mächte sowohl Autonomie wie auch Individualismus und Prosperität massiv unter Beschuss nehmen.

Der FDP sind Luft und Anspruch ausgegangen, noch einmal auf die Bühne zurückzukehren!

Auch bei uns fehlt es der Ökonomie an einem Resonanzraum, an der Fähigkeit zum Wachsen, an Zügellosigkeit. Die unbehelligte Rede wird unter dem Vorwand beschnitten, ein demokratisches System müsse vor „Hass und Hetze“, vor „Desinformation“ und „Verschwörungstheorien“ geschützt werden. Immer neue Schulden häufen sich an, eine Verschlankung der Strukturen ist nicht absehbar. Eigentum wird durch Enteignungen in Gefahr gebracht, Europa drosselt eine wohlständige Entwicklung, wegen des Klimaschutzes. Besonders von den USA ausgehend, macht sich eine paläozoische Variante des naturrechtlichen und konsequentialistischen Denkens breit, die nun auch eine Gruppe um die ehemalige AfD-Politikerin Frauke Petry aufgreift, um mit Blick auf unternehmerische und persönliche Souveränität eine Laissez-Faire-Gangart zu fahren, die nichts von Verboten oder Regulierung wissen will, sondern auf die Ausbalancierung durch Wettbewerb und Konkurrenz vertraut.

Dass es in einem überholten Spektrum aus links und rechts noch Platz gibt für einen weiteren Anbieter, der sich nicht in Schubladen einordnen oder in eine Rolle drängen lässt, scheint schon deshalb einigermaßen unbestritten wie plausibel zu sein, weil beispielsweise auch das BSW Fuß gefasst hat. Trotzdem ist man auf eine solche One-Woman-Show offenbar nicht bedacht, hat viel eher damit begonnen, enttäuschte Anhänger der Liberalen für sich zu akquirieren, um wahrscheinlich schon bald bei Wahlen antreten zu können. In den sozialen Medien werden zahlreiche Portraits von Unterstützern veröffentlicht, das Umfeld der früheren Bundestagsabgeordneten bringt sich mit klaren Positionen in Stellung. So heißt es auf der Website zur Begründung für die Initiative, dass „sozialistische Umverteilung durch Behörden und paternalistische Überheblichkeit ihrer Vertreter den Bürgern scheibchenweise Freiheit, Wohlstand, Sicherheit und Frieden geraubt“ hätten.

Da könnte sich ein Nischenfüller auftun, der Freiheit und Patriotismus vereinigt…

Ohne Zweifel birgt das Vorhaben Potenzial, gerade im Dreieck zwischen Union, Freien Demokraten und AfD Wähler zu gewinnen, die eine Mischung aus Ungebundenheit, Kapitalismus und Heimatliebe suchen. Immerhin dürften zugespitzte Formulierungen überzeugen, wonach „die Nutznießer in steuergeldfinanzierten Organisationen und Firmengeflechten von der Enteignung einer gesamten Volkswirtschaft profitieren“. Man bescheinigt dem herrschenden Kartell „hinter den Kulissen“ eine florierende „Korruption, Verschwendung, Günstlingswirtschaft und Korporatismus“. Mit wenig differenzierten, aber populären Ansichten wie der Feststellung, dass „die Medien in ihrer Kontrollfunktion dramatisch versagt [haben] und […] in weiten Teilen zu Hofberichterstattern des sozialistischen Spektrums geworden“ sind, will man eine Stimmung einfangen, die ähnlich auf Enttäuschte und Frustrierte setzt wie das Agieren anderer Protestparteien.

Dennoch darf es nicht ähnlich enden wie bei der Alternative für Deutschland, die in den Umfragen vor allem aus Selbstläufern profitiert, muss sie für ihre Zustimmungswerte nicht viel tun, sondern lediglich das weitere Scheitern der derzeit Verantwortlichen abwarten. Ihr werden oftmals fehlende Substanz und mangelnde Inhalte unterstellt, hat sie sich vor allem monothematisch fokussiert. Insofern muss die jüngste Bewegung um die 50-jährige Chemikerin und ihren Ehemann Marcus Pretzell erst noch herauskristallisieren, ob das Projekt am Ende auch ohne Stammtischparolen auskommt, um eigene Akzente zu setzen, wenn man laut Einlassungen „das Leben für die Bürger vereinfachen, billiger und sicherer machen“, die „kaputten Sektoren Gesundheit, Wohnen und Bildung wieder ins Laufen bringen“, „den Staat stark verkleinern und aus den Märkten und dem Privatleben der Menschen zurückdrängen“ und „die unkontrollierte Zuwanderung stoppen“ will.