Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD-Bundestagsabgeordnete muss Beitrag zu Muslimen löschen“ (aus: FAZ vom 05.06.2025)
Die AfD hat es in diesen Tagen wahrlich nicht leicht. Und nein, ich spreche in diesem Fall nicht von den zahlreichen Anfeindungen durch die etablierten Kartellparteien, journalistische Propaganda, einen wild gewordenen Verfassungsschutz, die vermeintlich „Guten“ mit „ihrer“ Demokratie, Omas gegen rechts, Glaubensgemeinschaften, Verbände oder die Industrie. Sondern sie macht sich bisweilen das Leben selbst schwer. Da denke man nur an die Meldung, dass Alice Weidel den sogenannten Majestätsbeleidigungsparagrafen umfassend auch für ihre Zwecke nutzt, obwohl die Partei doch ausdrücklich erklärt hat, sie wolle diesen völlig zurecht abschaffen. Natürlich kann man argumentieren, dass man Waffengleichheit in Anspruch nehmen wolle, solange es die Gesetzeslage noch zulasse. Ob diese Handhabung allerdings gegenüber der breiten Öffentlichkeit auf Verständnis und Nachvollziehbarkeit stößt, sollte man eher bezweifeln. Es geht nicht darum, ob die Co-Chefin Anspruch darauf hat, sich ebenfalls des § 188 StGB zu bedienen. Sondern wie glaubwürdig es ist, sich beispielsweise mit Robert Habeck auf eine Stufe zu stellen, wenn man auf der einen Seite nicht anders handelt als er, aber sich gleichzeitig darüber empört, dass Beleidigungen im Zweifel juristisch unterschiedlich behandelt werden – abhängig davon, ob sie einen Politiker oder Normalbürger betreffen.
Oder man erinnere sich daran, wie gegen interne Kritiker vorgegangen wird, exemplarisch sei der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich genannt. Ihm springt man nur selten zur Seite, wird ihm eine Aussage aus der Vergangenheit über das „freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“ medial ständig zum Vorwurf gemacht, obwohl doch schon längst klar ist, in welch ironischem Kontext sie gefallen war. Stattdessen scheint man insgesamt auf dem Kurs reflexartiger Distanzierung. So auch mit Blick auf die eigene Jugend, wenn sie durch den Inlandsgeheimdienst gebrandmarkt wurde, aber nicht etwa den nötigen Schutz erhält, sondern in ihren bisherigen Strukturen preisgegeben wird. Jüngst nahm man Abstand von Jürgen Elsässer aus der Redaktion von „Compact“, soll der Publizist doch zu enge Beziehungen und wohlwollende Positionen gegenüber Russland einnehmen. Streit über den Umgang mit dem Krieg in der Ukraine ist ebenso allgegenwärtig wie die Frage, wie man sich mit Blick auf Israel und die Palästinenser verortet. Doch die Querelen werden nicht etwa intern ausgetragen, sondern im Zweifel auf öffentlichen Plattformen. Dort wiederum hat die kirchenpolitische Sprecherin Nicole Höchst nun mit einer überaus geschmacklosen und pauschalen Illustration über sämtliche hier lebende Muslime für einen weiteren Eklat gesorgt.
Bei der Bewertung geht es weniger um die Frage, ob diese Provokation zwingend erforderlich gewesen ist – oder man auf das Thema Islamisierung nicht auch sachlicher hätte eingehen können. Sondern es zeigt sich ein grundsätzliches Defizit der Partei, Geschlossenheit in den Reihen zu schaffen. Und der Befund sollte nicht trügen, wonach es hinsichtlich einer adäquaten Krisen-PR in solchen Situationen an Professionalität und Routine fehlt, die vom Feind nur allzu leicht instrumentalisiert werden können, um der Alternative für Deutschland daraus einen Strick zu drehen. Disziplin und ein gewisses Nachdenken darüber, ob manch ein Standpunkt, der in seiner Botschaft noch so legitim sein mag, zwingend in einer brüskierenden Form nach außen getragen werden muss, scheinen bei jener Kraft Mangelware zu sein, die darüber hinaus zwischen Anbiederung zugunsten einer möglichen Regierungs- und Koalitionsfähigkeit sowie dem diametralen Gegenentwurf zu einer schwarz-rot-grünen Agenda schwankt. Eigentlich hätte man erwarten können, dass dieses Projekt gut 12 Jahre nach der Gründung aus den Kinderschuhen entwachsen sei. Doch noch immer zeigen sich eklatante Pubertätsschübe, welche eine allzu einfache Angriffsfläche bieten. Statt in teure Gerichtsverfahren zu investieren, würden sich Ausgaben für eine bessere Kommunikationsabteilung, gekonnte Pressesprecher und ein Teamtraining anbieten.