Quelle: Clipdealer.de, B112073416, Erworbene Standardlizenz.

Wenn sich Friedman von Merz trennt, hast du nicht wirklich was verpennt!

Kommentar von Dennis Riehle

Bisweilen fremdele ich mit dem Sprichwort „Reisende soll man nicht aufhalten“. Denn es enthält nur dann einen wahren Kern, sollte man es nicht allzu inflationär gebrauchen. Schließlich kennen wir durchaus Situationen, die allzu übereilt einladen, Menschen einfach so ziehen zu lassen. Über einen längeren Zeitraum gewachsene Beziehungen geben wir oft leichtfertig auf, obwohl es sich vielleicht lohnen würde, mögliche Gründe für eine Zerrüttung aufzuarbeiten. Gleichsam existieren aber auch Momente und Konstellationen, in denen ein Abschiednehmen tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist. Und so dürfte es auch im Fall von Michel Friedman sein, der nach der Abstimmung im Bundestag seinen Austritt aus der CDU erklärt hat. Da fragt sich der distanzierte Beobachter: Trennt sich dort nicht endlich die Spreu vom Weizen? Immerhin ist es beachtlich, als Zugehöriger einer religiösen Gruppe mit dramatischen Erfahrungen der Unterdrückung und Vernichtung Missgunst und Verachtung für eine Partei zu erklären, die sich explizit gegen den Judenhass eines neuzeitlichen Islamismus einsetzt. 

Ist es demnach ein wirklicher Verlust, wenn ein Publizist die Segel streicht, welcher am Gedenktag für die Toten und Verwundeten des Holocaust die AfD in schamloser, dreister und perfider Parallelisierung zu den schrecklichsten Stunden unserer Geschichte auf ein Niveau mit Nazis stellt? Ausgerechnet jemand, der der Minderheit angehört, die Opfer von den Massenmorden des Hitler-Regimes wurde, erdreistet sich in einer profanen und schlichten Relativierung dieses singulären Ereignisses der Historie, um jenen Deutschen wieder einmal die Leviten zu lesen, die in einer trotz aller Erodierung zumindest gemäß den Werten und Grundfesten keine Anzeichen eines Revivals von 1933 zeigenden Demokratie das Recht auf freie Wahl in Anspruch nehmen. Und so sollte man weniger nachtrauern, aber vielleicht Verwunderung zeigen, wenn der Entschluss eines bekennenden Gläubigen zum Seitenwechsel feststeht – und sich dieser Gesinnungsethiker als Träger der Monstranz von Schuld und Kult faktisch für die Flucht in die bunte Welt von Pluralismus und Antisemitismus ausspricht.

Der TV-Moderator hat mit seinem kruden Verständnis von Volksherrschaft allzu entlarvend offenbart, dass er vor dem Parlamentarismus keinen Respekt hat, wenn er nicht zu akzeptieren bereit ist, dass Mehrheiten in unserer Republik mittlerweile nicht mehr darauf bedacht sind, sich dem nötigenden Fremdkörper der Kontaktscham zu unterwerfen, weil es die Moralapostel von den Kanzeln innerhalb und außerhalb der Kirche entsprechend einfordern und erwarten. Sondern die nach den Messerattentaten von Mannheim, Solingen, Aschaffenburg und andernorts endlich erkannt haben, dass Prioritäten neu gesetzt werden müssen. Die Gängelung durch eine Ideologie von Vielfalt und Toleranz taugt nicht mehr zur Maßregelung. Stattdessen löst sich der Souverän aus der Gefangenschaft einer blinden Wut auf die tatsächliche Opposition, vor der sich niemand fürchten muss, der auf unserem Territorium legal und begründet unterwegs ist. Nur die Böswilligen sprechen von Deportation statt Remigration. Und schon allein deshalb hat es damals nicht so angefangen wie heute.