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Wenn uns journalistische Jungspunde die Welt erklären wollen, wird es cringe!

Kommentar von Dennis Riehle

Das Denglische hat hierzulande Hochkonjunktur, weil es offenbar nicht nur vielen unserer Gäste leichter fällt, von der Verwendung der Amtssprache abzusehen – sondern ebenso denen, die über Ens, Xier, Iks, Hen oder Pers nicht hinauskommen. Und so sind die Arzthelferin, der Hausmeister oder die Putzfee mittlerweile mit neuen Bezeichnungen gesegnet, die die eigentlich ehrenwerten Berufstitel aus Gründen der Antidiskriminierung verwässern sollen. Und während auch ich vor nicht allzu vielen Jahren völlig zufrieden mit dem Prädikat des „Redakteurs“ war, so scheint manch ein Jungspund der Leitmedien heutzutage darauf aus, gewisse Minderwertigkeitskomplexe durch einen ellenlangen Titel kompensieren zu wollen. Da erzählt uns nun also der „Executive Editor Newsroom Strategy“, mit bürgerlichem Namen Moritz Seyffarth, in seinem neuesten Meinungsbeitrag für „Welt“, dass wir uns die luxuriöse Rente nicht mehr leisten können, die noch unter Norbert Blüm als sicher galt. Es kann eigentlich nur einer adulten Unreife zugeschrieben werden, dass sich hier ein Nachkömmling anmaßt, den sogenannten Boomern diejenigen Ansprüche abzuerkennen, die sie durch Dekaden der Schaffenskraft erworben haben – und völlig zu Recht darauf vertrauen, dass die von ihnen gezahlten Beiträge sich nicht erst am Sanktnimmerleinstag bezahlt machen werden. Wie es offenbar auch Ricarda Lang entgangen ist, dass die durchschnittlichen Bezüge von Menschen, die 45 Jahre lang einbezahlt haben, nicht gerade üppig ausfallen, so scheint es diesem Haltungskollegen in seiner generationistischen Spaltungsmanier vollkommen egal, dass seine Forderungen nach radikalen Reformen ein Schlag ins Gesicht jener sind, die diese Republik aufgebaut haben – als er noch nicht einmal in Planung war.

Man kann es nicht anders als frech, plump und abgebrüht bezeichnen, wenn er sich an unserem derzeitigen Umlageverfahren in einem Habitus der Enteignung abmüht. Unbestritten braucht es eine weitreichende Fortentwicklung. Aber sicherlich nicht in jene Richtung, die im Moment auch manch ein Manager in seiner Führungsetage vertritt, der den Dachdecker, die Pflegekraft oder den Straßenreiniger bisher nur aus dem Fernsehen kennt. Und während man es tatsächlich vor einigen Jahrzehnten noch als einen laxen Ausspruch abtat, dass die Deutschen in ihrer damaligen Eifrigkeit im Zweifel von der Wiege bis zur Liege arbeiten, so scheint diese Idee mittlerweile für einige Theoretiker tatsächlich denkbar zu sein. Denn während seit Corona die Lebenserwartung bei uns eher stagniert, kommen immer neue Vorschläge aufs Tableau, bei Bedarf auch über die 70 hinaus beruflich aktiv zu sein. Dass das sicherlich demjenigen Unternehmenschef in seinem trockenen Ledersessel-Büro im 16. Stockwerk sicherlich auch körperlich wie geistig möglich wäre, daran gibt es wohl keinen Zweifel. Doch man möge den Kolumnisten der kanalisierten Presse doch einmal bitten, seine Überzeugungen aus dem niedergeschriebenen Zwischenruf gegenüber einem Rettungssanitäter zu wiederholen, der im fortwährenden Schichtdienst bereits mit 50 verständlicherweise ausgebrannt, erschöpft und an die Grenzen der Belastbarkeit gekommen ist. Dass sich der Artikel wesentlichen Problemen für unser System aus gutmenschlicher Rücksichtnahmen kaum widmet, das sind wir heute gewohnt. Denn es hilft unserer demografischen Entwicklung kaum etwas, wenn ungehindert Asylbewerber in die hiesigen Breiten strömen, von denen ein nicht unerheblicher Teil auch nach langjähriger Anwesenheit keinen einzigen Cent in die Sozialkassen abgeführt hat.

Da hat es wenig mit Rassismus zu tun, wenn man zu dem unverhohlenen Befund kommt, dass die Fluchtbewegung keine Kompensation für die zu erwartenden Ausfälle in unserer Altersvorsorge bedeutet, sondern eine zusätzliche Herausforderung. Denn nachdem wir wissen, wie verschwindend gering die Zahl derjenigen scheint, die nicht aus wirtschaftlichen Aspekten nach Europa vorstoßen, kann sich jeder an einer Hand abzählen, dass es tatsächlich eng wird mit der Stabilisierung des Rentenniveaus. Wenn wir nicht schnellstmöglich in einen Modus der Arbeitseinwanderung verfallen, in dem nur noch derjenige eine Berechtigung zum Aufenthalt bei uns erhält, der sich zur Mitwirkung an Prosperität, Wohlstand und Wachstum verpflichtet, werden sämtliche Maßnahmen ins Leere laufen, die vom weltlichen Schreiberling ins Feld geführt werden. Man muss nicht allzu viel ökonomischen Verstand haben, um bei einem tendenziell weiter steigenden Volkseinkommen und einer leicht rückläufigen Bevölkerungszahl unter Berücksichtigung der sinkenden Lohnquote zum Postulat zu gelangen, dass der Faktor der Beschäftigung und die Bedeutung der Leistung bei der Partizipation an den Produktivitätszuwächsen angemessener berücksichtigt werden müssen. Daneben sollte es zwingend zu einer Flexibilisierung und Individualisierung des Eintrittszeitpunktes kommen. Immerhin genügt es nicht, sich im Zweifel auf das Werkzeug der Erwerbsminderung zu berufen, um den gesundheitlichen Tribut hinreichend zu würdigen, der es eben vielen Arbeitern nicht ermöglicht, über die 63 hinaus im Job zu verweilen. Es ist eine Verantwortung unseres Miteinanders, im Rahmen des Gesellschaftsvertrages Respekt denjenigen gegenüber zu zollen, die teilweise um den Faktor 1000 weniger verdienen als manch ein Millionär, der seinen Reichtum lediglich der Vermehrung von Unsummen an der Börse verdankt.

Und so schiene es nur fair, demjenigen zugestehen, der sich physisch und psychisch täglich abrackert, zu einem früheren Moment in die reguläre Rente zu wechseln – und es gleichzeitig allen Weichgepolsterten abzuverlangen, auch deutlich länger als bis 67 zu wirken. All das kann aber nur dann gerecht sein, wenn wir endlich mit Konsequenz dort durchgreifen, wo sich immer mehr Bequemlichkeit und Faulenzertum durchsetzen. Es braucht eine klare Ansage an diejenigen, die in jungen Jahren das Lebensziel das Bürgergeldlers artikulieren – um sich selbst im Greisenalter auf die Tüchtigkeit der Anderen zu verlassen. Es wäre des Pudels Kern gewesen, zu der unverhohlenen Erkenntnis zu gelangen, dass wir uns die schmarotzende Dekadenz einiger Zeitgenossen – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – nicht mehr leisten können. Daneben muss es ein Ende haben, dass wir auch im Bereich des Sozialstaates immer weiter in einer Zwei-Klassen-Mentalität denken. Letztlich kann sich eine solidarische Gemeinschaft nicht zufrieden damit geben, dass wesentliche Bevölkerungsteile von der gesetzlichen Absicherung für später befreit oder ausgeschlossen sind. Anreize für die private Säule an Maßnahmen, um sich für den Ruhestand vorzubereiten, sollten deutlich attraktiver gestaltet sein – und auch Menschen mit einem geringen Vermögen zur Rücklage ohne allzu viele Hürden zugänglich gemacht werden. Daneben geht es durchaus in die richtige Richtung, sich auch weiterhin über eine maßvolle Einbeziehung der Kapitalmärkte Gedanken zu machen, wenn es darum geht, das Relationsverhältnis zwischen Arbeitseinkommen und Pensionshöhe zu stützten. Denn es ist ein Armutszeugnis, dass wir uns Flaschen sammelnde Omas und Opas erlauben – während der Schutzsuchende aus der Ukraine, aus Afrika oder dem Mittleren Osten hier erhaltene Transferleistungen in die Heimat transferiert, ohne dafür auch nur einen einzigen Finger krumm gemacht zu haben. Dass es angesichts solcher Zustände manch wohlgepampertem Mitglied der Abhängigkeitsjournaille keine Schamesröte ins Gesicht treibt, wenn er sich in Hochmut über die Leistungsträger dieses Landes auslässt, ist dabei nur der Gipfel der Dreistigkeit.

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