Kommentar von Dennis Riehle
Nein, Journalismus ist keine Glückssache. Auch wenn man in diesen Tagen den Eindruck gewinnen könnte, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk und manche namhafte Medien nur noch der Praktikanten bedienen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und Kosten dafür einzusparen, den nächsten Ledersessel des Intendanten zu finanzieren, so wäre es allzu entschuldigend, eine entsprechende Unfertigkeit in den Schreibstuben des Landes zu attestieren. Da passieren nicht einfach so Softwarefehler – oder „Excel“ macht, was es will. Wenn in den Umfragen Balken in die Höhe schießen, um auf Teufel komm raus die AfD zu überwinden, dann geschieht die Manipulation keinesfalls zum wiederholten Mal aus Versehen oder Fahrlässigkeit. Viel eher wissen wir mittlerweile um den gezielten Anspruch der Desinformation, die weniger aus Richtung Moskau kommt, sondern aus den Sendeanstalten dieser Republik. Da werden im Zweifel nur Beiträge freigegeben, die von einem Grünen kopfnickend abgesegnet sind. Man befragt nicht aus Zufall vorbeikommende Passanten, sondern sucht sich ausgewählte Statisten, die am Ende genau das in die Kamera prusten, was sich der Chefredakteur wünscht.
Mit Repräsentativität hat dies ebenso wenig zu tun wie mit dem Anspruch, wahrhaftig, sorgfältig und ausgewogen zu berichten und zu werten. Dabei wäre doch genau dies der Ethos, auf den wir stolz sein könnten, würde es nicht die vielen Marionetten geben, denen es zu mühselig geworden ist, gegen den Strom zu schwimmen. Wer nach dem Mund reden will, sollte persönlicher Referent beim Bundeswirtschaftsminister werden. Ich kann mich gut an die Ausbildung erinnern, in der auch ich gelernt habe, wie man verschiedene Instrumente zur Fokussierung des Zuschauers einsetzt. Als abschreckende Beispiele und No-Go gelten dabei nicht nur tendenziös gestaltete, verkürzte oder dissoziierende Überschriften, Symbolbilder, Schlagworte oder Textpassagen, welche nicht mehr dem Publizistischen Grundsatz der Objektivität genügen – und auch dem Medienstaatsvertrag zuwiderlaufen, weil sich dieser für eine Verständigung und Versöhnung des Miteinanders starkmacht. Was wir wirklich sehen, ist die Etikettierung und Brandmarkung der kritischen Opposition und ihrer Wähler, die mit aus dem Kontext gerissenen Aussagen, Meinungen und Überzeugungen in der gleichen Substanzlosigkeit abgestempelt werden wie es bereits durch den Verfassungsschutz geschieht. Da geht es nicht mehr um den demokratischen Austausch von Argumenten, die Beschäftigung mit programmatischen Inhalten oder das faire Darlegen von unterschiedlichen Positionen.
Stattdessen wird in Interviews jeder zweite Satz von Björn Höcke durch den Moderator unterbrochen, Gesprächsgäste in Talksendungen haben ein Dauerabonnement, Zeugen heißen in aller Regel Stefan, die Bild-Ton-Schere macht aus Normalität einen Skandal, die Beschallung mit dem O-Ton verhindert die optische Wahrnehmung von Realitäten, Suggestivfragen unterbinden jegliche sachliche Auseinandersetzung, das Weglassen von wichtigen Informationen lenkt die Aufmerksamkeit auf Nebenschauplätze und die selektive Auswahl von profanen Themen verdrängt alle Skepsis an den Herrschenden aus dem Rampenlicht – und blendet Offensichtlichkeiten aus, die zum Erfassen aller Dramatik des Hier und Jetzt notwendig wären. Im Ergebnis prosperieren aus diesem Kurs der maximalen Überredung, des astreinen Lobbyings und der augenscheinlichen Verhetzung eine infame Spaltung, Polarisierung und Entfremdung der Gesellschaft. Es ist eine Schande, mit welcher Dreistigkeit und Unverfrorenheit große Teile der vierten Gewalt die ihnen gewährte Verantwortung und der potenzielle Einfluss zur Infiltration und Einebnung der Massen missbraucht wird. Den schamlosen Versuch der Volksverdummung, welchen man mit der gezielten und allzu offensichtlichen Verfälschung von Fakten an den Tag legt, muss man als perfides Gebaren einer nicht erst seit gestern nach weit links abgedrifteten Presselandschaft diagnostizieren.
Sie macht sich zum Handlanger und Steigbügelhalter für das Establishment, weil es den oftmals an Selbstbewusstsein mangelnden Haltungskollegen nicht nur darum geht, ihren Job zu sichern. Sondern sie wollen die Gunst der Stunde für sich nutzen, in einer willfährigen Manier Karriere zu machen und das Wohlgefallen der Ampel zu genießen. Doch wer so denkt, hat unsere Berufssparte komplett missverstanden. Wir sind eben nicht Sprachrohr und Hofberichterstatter, sondern zu ständiger Distanz und Zweifel angehaltene Beobachter und Kommentatoren von tatsächlichen Entwicklungen, die sich außerhalb der Visionen von Habeck, Scholz oder Lindner abspielen. Und da die Scheuklappen bei unseren politisch Handelnden mittlerweile jegliche Spiegelung ihrer plumpen Lügengeschichten verunmöglicht, adressiere ich meine Artikulation vor allem an den noch verstandsmäßigen oder zumindest zum Aufwachen bereiten Souverän, der wenigstens empfänglich ist für eine andere Lesart der aktuellen Geschehnisse. Sich vom Einheitsbrei abzuheben und bisweilen stürmischen Gegenwind zu ertragen, ist mein individuelles Credo. Und ich bedauere, dass es zur Rarität geworden ist.