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Wenig überraschend: Sigrid Emmenegger, die Ersatzkandidatin für Karlsruhe, ist Ziehtochter von Ex-SPD-Verfassungsrichter Voßkuhle!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Nach Brosius-Gersdorf-Desaster: SPD nominiert neue Kandidatin für Bundesverfassungsgericht“ (aus: „Berliner Morgenpost“ vom 10.09.2025)

Lange war spekuliert worden, nun ist der Name öffentlich. Nicht etwa die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, wird Ersatzkandidatin für Frauke Brosius-Gersdorf. Sondern die SPD schickt nunmehr Sigrid Emmenegger in das Rennen um die Wahl einer Juristin für Karlsruhe. Diese Personalie kommt einigermaßen überraschend, war die bislang am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig tätige 48-Jährige aus Freiburg im Breisgau nicht auf dem Schirm der Medien und einer gespannt wartenden Öffentlichkeit. Unter dem Thema „Gesetzgebungskunst. Gute Gesetzgebung als Gegenstand einer legislativen Methodenbewegung in der Rechtswissenschaft um 1900“ promovierend, legte sie eine steile Karriere hin.

Sie war noch 2007 Richterin auf Probe in Koblenz, um anschließend in den Dienst des Landes Rheinland-Pfalz einzutreten. Ihre Dissertation wurde in hohen Tönen gelobt. So schrieb der deutsche Hochschullehrer Miloš Vec nahezu begeistert: „Wie man […] zugleich der Forschung ganz neue Untersuchungsfelder erschließt, illustriert die ausgezeichnete Arbeit von Sigrid Emmenegger, die hohen wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und in ihrer Klarheit und Dichte für andere Qualifikationsschriften vorbildlich sein sollte. […] Ihre Argumentation ist dabei sehr transparent […]. Überhaupt staunt man über die Dichte und Reichhaltigkeit des Materials“.

Eine bisher unbescholtene Kandidatin? Zumindest indirekt weiß man Einiges über sie…

Insgesamt findet sich wenig an Einlassungen der neuen Kandidatin, ist wohl eines ihrer bedeutendsten Werke Band 2 der „Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“, aus dem die roten Roben selbst immer wieder zitieren. Ein Kapitel dort weist jedoch erste Tendenzen auf, in welche Richtung es mit der wohl am 26. September 2025 im Bundestag zur Abstimmung stehenden Wettbewerberin gehen könnte: „Der ungeschriebene Verfassungsgrundsatz der Europarechtsfreundlichkeit“. Eine Harmonisierung hiesiger Entscheidungen mit höheren Instanzen in Luxemburg könnte wohl bevorstehen, wenn sie künftig im Zweiten Senat an Urteilen mitwirkt.

Und auch darüber hinaus gibt es eine gewisse politische Stoßrichtung, die sich zumindest abstrahieren lässt. So bezeichnete die Südbadenerin in einem Artikel als Richterin am Oberverwaltungsgericht im Jahr 2018 unter der Überschrift „Landesverfassungsgerichtsbarkeit und Verfassungswandel“ die Rechtsauffassung des BGH von 1953, die entsprechend konservativ lautete: „Der Mann zeugt Kinder, die Frau empfängt, gebiert und nährt sie und zieht die Unmündigen auf. […] An dieser fundamentalen Verschiedenheit kann das Recht nicht doktrinär vorübergehen, wenn es nach der Gleichberechtigung der Geschlechter in der Ordnung der Familie fragt“, als „Frontalangriff auf die Verfassung“.

Die Indizien mehren sich: Eine Gegnerin des traditionellen Frauen- und Familienbildes?

Ebenso Anstoß nahm sie an der Aussage des Bundesgerichtshofs: „Demgemäß bezeugen die christlichen Kirchen, unter sich völlig übereinstimmend und in völliger Übereinstimmung mit der klaren Aussage der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments […] und mit der uralten Ehe- und Familienordnung der Völker, nach der von Gott gestifteten Ordnung der Familie sei der Mann ihr ‚Haupt‘“. Schon damals hätte sie sich gerne einen „Konter“ zu dieser Passage gewünscht. Und sie hadert wohl auch mit dem Befund „Nach Art. 3 II GG soll zwar grundsätzlich keine unterschiedliche Behandlung zwischen Mann und Frau stattfinden“, wie es das OVG Koblenz 1951 (AS 1, 67f.) befand.

Und weiter: „Das bedeutet jedoch nicht, dass man nunmehr alle biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau übersieht“. Deutet sich also hier eine eindeutige Parteinahme mit Blick auf die Mentalität von Diversität und Beliebigkeit hinsichtlich gesellschaftlicher Normierungen zugunsten des Zeitgeistes an? Die Sozialdemokraten werden sich wohlweislich für sie ausgesprochen haben, auch wenn sie bislang vor allem für Fragen des Bau- und Bodenrechts, des Denkmalschutzrechts, des Natur- und Landschaftsschutzrechts zuständig war. Ganz ohne Geschmäckle bleibt die Sache nämlich trotzdem nicht, war ihr Ziehsohn ausgerechnet Andreas Voßkuhle, ehemaliger Präsident des BVerfG, 2008 ebenfalls von den Genossen präsentiert.