Quelle: Clipdealer.de, 7473160, Erworbene Standardlizenz.

Fragt der Igel die Zwiebel: Lieber Hack oder Mett?

Kommentar von Dennis Riehle

Was haben ein Igel und eine Zwiebel gemeinsam? Richtig, wahrscheinlich hätten beide nie gedacht, dass sie einmal indirekt zum Protagonisten in einem Wahlkampf werden. Denn während der interessierte Zuschauer beim TV-Duell auf inhaltliche Antworten wartete, tat Mario Voigt einfach das, was das Establishment am besten kann. Er warf eine Nebelkerze nach der nächsten, um sich der Argumentation von Björn Höcke nicht stellen zu müssen. Und so sinnierte die Nation vor den Fernsehbildschirmen am Ende, woraus man in den 80er-Jahren die Augen des possierlichen Mett-Tierchens formte – und wie man es damals ohne Corona-Maske eigentlich aushielt, all die Stacheln zu schälen. In den Wohnzimmern bracht nicht etwa eine Diskussion darüber aus, was denn nun an der AfD-Forderung einer besseren Unterstützung für unsere Familien oder dem Ruf nach Diplomatie im Ukraine-Krieg so verwerflich sei. Sondern man rieb sich an  Meinungsverschiedenheiten über Pfefferkörner und Kapern. Allein diese Absurdität zeigt, an welchem Punkt unsere Demokratie angekommen ist. Das Parteienkartell vermag es letztlich nicht, mit irgendeinem vernünftigen Sachinhalt zu überzeugen. Stattdessen spielte wieder einmal eine Geste eine Rolle. Doch dieses Mal war es nicht der erhobene Zeigefinger eines Nationalspielers, sondern je nach Interpretation das Bekenntnis zu weißer Überlegenheit – oder das Resultat von allzu viel „Schere, Stein, Papier“ in der Kindheit.

Dass die Leitmedien in ihrer Gesamtheit von einem Erfolg für den CDU-Bewerber sprechen, verwundert schon allein deshalb nicht, weil die Meldung über den Sieg des Jenaer Professors bereits vorgefertigt in den Schubladen der Redaktionen gelegen haben dürfte. Als zentralen Bestandteil der Debatte heben sie vor allem hervor, dass sich der ohne Not am Tag danach in der Presse auch weiterhin als „Faschist“ betitelte Kandidat der Alternative für Deutschland hinsichtlich seines Besuchsverbots in Buchenwald nicht rechtfertigen wollte – und mit der fehlenden Distanzierung von seiner Aussage „Alles für Deutschland“ bestätigt habe, dass er sehr wohl um die Parallele zum SA-Sprech wisse. Und so wird der Christdemokrat wiederum für die „Entlarvung“ des Gegenübers als dem Nationalsozialismus nicht entsagter Anhänger einer stringenten Xenophobie gelobt – allerdings ohne jeden Beleg geliefert zu haben, warum denn eine völkische Ideologie nicht mit unserer Grundordnung in Einklang zu bringen sei. Gezielt versuchte der sich im Schulterschluss mit den Moderatoren um deren Wohlwollen wissende Voigt entsprechend unbeholfen, die deutliche Grenze zwischen einem positiv konnotierten Patriotismus als Ausdruck von Verbundenheit zur inhärenten Heimat und Verwurzelung in der kulturellen Identität einerseits – und einer nationalistischen Gesinnung der Herabwürdigung, Geringschätzung und Bekämpfung von Personen allein und pauschal aufgrund ihrer ethnischen Herkunft andererseits, mit möglichst vielen Ablenkmanövern zu verwischen.

Der wiederkehrende Bezug auf den Verfassungsschutz machte deutlich, dass es nicht nur dem auf Gehacktem beharrenden Schulmeister an belastbaren Belegen und Untermauerungen für die Vorwürfe mangelte, Höcke vertrete mit seinen Auffassungen eine Zielsetzung der Abschottung und Segregation. Auch hinsichtlich dieser Ausführungen gab es keine konkreten Beispiele, die man hätte anführen können, um sich nicht nur als ein Sprachrohr von Haldenwang und Faeser zu offenbaren. Denn dass es der Alternative für Deutschland um einen Rückfall in autoritäre Verhältnisse geht, dafür gibt es keinen Anhalt, wenn sie lediglich davon spricht, unser System endlich wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Sie hat dagegen immer wieder betont, dass es ihr um eine Weiterentwicklung des repräsentativen hin zu einem plebiszitären Modell geht, in welchem der Bürger mehr Mitsprache besitzt – und sich nicht über vier Jahre von Sesselkleber regieren lässt, die die Legislaturperiode als Freifahrtschein zur Verwirklichung ihrer Traumwelt missbrauchen. Es war gleichsam auch der von einer Hetzjagd betroffene AfD-Fraktionsvorsitzende in Thüringen, der gegenüber seinem Kontrahenten und den über weite Strecken als voreingenommen, abhängig und unfair agierenden Haltungsjournalisten von „Welt TV“ immer wieder auf die Grundrechte verwies – und von dem bisweilen wie ein Leierkasten anmutenden Pendant der CDU zu hören bekam, dass er es sei, der die Meinungsfreiheit in Deutschland abschaffen wolle. Dabei wäre es für Voigt ein Leichtes gewesen, die derzeit in Berlin residierenden Kollegen von SPD, Grünen und FDP für die Beschneidung der offenen Rede und den Wunsch nach Sanktionierung von staatswohlgefährdenden Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze verantwortlich zu machen.

Doch zu solch einer Courage kann sich derjenige nicht durchringen, der sich einem Bündnis von der Linken bis zur Union verpflichtet fühlt, das die kritische Opposition mundtot machen will – und sich zu diesem Zweck auch der Anwendung von unlauteren Mitteln nicht zu schade ist. Denn es ist nicht nur dreist, unredlich und böswillig, einem politischen Mitbewerber die Erinnerungsbereitschaft an die schrecklichsten Stunden unserer Historie allein deshalb abzusprechen, weil er sich rund acht Dekaden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dafür starkmacht, das Geschehene nicht zu vergessen und das als Mahnung in sich zu tragen – aber endlich von der Kollektivschuld loszulassen, die wie eine Fessel den Deutschen bis heute in Geiselhaft nimmt, obwohl niemand außer uns selbst auf diesem Globus verlangt, dass sich Nachkommen für etwas gängeln sollen, was ihre Vorfahren angerichtet haben. Und so hat es schlichtweg etwas mit Vernunft und Weitsicht zu tun, wenn sich Höcke in nahezu biblischem Sinn dafür ausspricht, das dort verankerte Vorrangigkeitsgebot mit Leben zu füllen. Denn Nächstenliebe bedeutet eben nicht, sich mit allen auf diesem Erdball friedlich in den Armen zu liegen, sondern sich zunächst um diejenigen zu kümmern, die in der eigenen Gruppe an den Rand gedrängt sind – bevor man sich mit den danach noch vorhandenen Ressourcen und Kapazitäten dem hilflosen Fremden zuwendet. Dieses Prinzip ist nicht nur mit der Menschenwürde vereinbar, sondern es ist sogar ein Auftrag aus unserem eigenen Grundgesetz, das beispielsweise nach Art. 20 oder 116 den Erhalt und den Fortbestand unserer Nation zu einer Tugend eines jeden Staatsbürgers erklärt.

Und deshalb ist natürlich auch die Befürwortung der Remigration allzu legitim und gar notwendig, um Ordnung wiederherzustellen – und die mindestens sechsstellige Zahl an ausreisepflichtigen, geduldeten, illegal eingereisten, nicht integrationswilligen und kriminellen Asylbewerbern zurückzuführen. Wem es tatsächlich um die Zukunft unseres Landes geht, der lässt es nicht zu, dass die täglichen Meldungen über Einzelfälle an wild gewordenen Messern zur Normalität werden – oder sich auf den wirklich relevanten Geheimtreffen in diesem Land hunderte Islamisten auf die sukzessive Überwindung unserer Herrschaftsform in Richtung eines Kalifats samt Anwendung der Scharia und der Burka verständigen. Dass der Spitzenmann der AfD im Erfurter Landtag mit seiner rhetorischen Eloquenz zumindest indirekt vor einem Übergang der bislang noch durch eine autochthone Mehrheit geprägten Wesenseinheit unserer Gesellschaft in ein neues Miteinander der Gottesstaatlichkeit und des religiösen Fanatismus warnt, können ihm diejenigen Zuschauer der nur selten in die Tiefe gehenden Auseinandersetzung nicht übelnehmen, die mit wachen Augen durch den Alltag gehen. Sicherlich half bei all den Manövern der Fragesteller und des CDU-Landesvorsitzenden auch der Schachzug nicht weiter, Positionen der Alternative für Deutschland oder von Höcke selbst allzu offensichtlich zu verdrehen, zu verfälschen und zu dramatisieren. Denn niemand von ihnen hat einen Austritt der Bundesrepublik aus der Europäischen Union postuliert. Stattdessen soll es nach deren Willen eine Abstimmung des Volkes über den Verbleib im Staatenbündnis geben – wenn es nicht gelingt, dieses bürokratische Monster zu reformieren und wieder auf seine ursprünglichen Kernaufgaben zu fokussieren. Und dass sich am Ende der Geschichtslehrer nicht zu der Feststellung hinreißen ließ, dass unsere Sicherheit im Donbass verteidigt wird, dürfte ihm noch manch zusätzlichen Pluspunkt in der Wählergunst verschafft haben.

Beitrag teilen