Kommentar von Dennis Riehle
Wer dann nicht mehr weiter weiß, der gründet einen Arbeitskreis. Gerade wir Deutschen scheinen prädestiniert dafür, komplexe Probleme und diffizile Fragestellungen im Zweifel bis zur Unkenntlichkeit zu diskutieren. Und natürlich ist es in einer Demokratie wichtig, dass man miteinander ins Gespräch kommt. Doch was nutzen entsprechende Gremien, wenn dort gerade nicht der Hauch von Meinungsfreiheit und Repräsentativität herrscht, die als Charaktermerkmal unserer Staatsform prägend sind? Es gibt heutzutage eigentümliche Bündnisse, die nicht mehr den Charakter eines Ortes der offenen Debatte haben, sondern schlichtweg zum ideologischen Zusammenschluss verkommen, in dem man sich zu Propagandismus, Agitation und Demagogie verabredet. Ähnlich muss es um ein Kollektiv an verschiedenen Gemeinden bestellt sein, das sich unter anderem in Bayern vereint hat, um gemeinsam gegen Faschismus und Nazis Position zu beziehen. Doch was für den progressiven Woken wie eine Selbstverständlichkeit klingt, das ist für den kritischen Bürger gerade im Jahr 2024 mit einem bitteren Beigeschmack versehen. Denn nein, dort trifft man sich nicht etwa, um den Hardcore-Nationalisten Paroli zu bieten. Immer öfter möchte man Wahlkampf machen gegen die AfD. Doch gerade Kommunen sind zur Neutralität verpflichtet.
Und ihnen ist es ausdrücklich nicht gestattet, den ideologischen Wettbewerb der verschiedenen Kräfte durch eine einseitige Parteinahme zu stören. Solange die Alternative für Deutschland nicht verboten ist, hat sie einen Anspruch darauf, am pluralistischen Ringen um die besten Lösungen und Antworten für die Probleme dieser Tage unbehelligt teilzunehmen. Und so kommt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs des Freistaates nicht überraschend. Zwar war die Vorinstanz zu einem vollkommen gegenteiligen Befund gekommen. Doch es war einigermaßen absehbar, dass der ansonsten hohen Schutz genießende Volksvertreter – in diesem Fall das Kommunalparlament – mit seinem ausdrücklichen Votum am Ende nicht durchdringen konnte, der sogenannten „Allianz gegen Rechtsextremismus“ auch dann weiter angehören zu wollen, wenn ihr Hauptaugenmerk auf der Denunziation und Diffamierung der Blauen liegt. Aber gerade mit dieser Mentalität ist man nun vor den Roben gescheitert. Zwar wurde eine Revision zugelassen. Trotzdem klingt die Argumentationskette plausibel, dass dem Gedanken der Unabhängigkeit der Exekutive mehr Gewicht geschenkt wird als dem vielfältigen und toleranten Wunschtraum, in Einklang mit anderen Städten über die kritische Opposition zu pöbeln.
Wer die Mitgliedschaft in einem solchen Verbund missbraucht, um einem dezidierten Widersacher das politische Leben schwer zu machen, der will eben nicht gegen jene vorgehen, die die Prinzipien und Werte der liberalen Ordnung abzuschaffen bereit sind. Denn man kann dem nun im Rückzug befindlichen Marco Wanderwitz noch so oft zuhören: Abseits einer Märchenerzählung über das Verabreden der Deportation von Millionen Bundesbürgern mit oder ohne deutschen Wurzeln, die verdrehte Darstellung über eine potenzielle Machtergreifung im Thüringer Landtag oder das Erkennen von verbotenen Parolen in jedem einzelnen Satz von Björn Höcke gibt es wenig an Substanz, was man denjenigen vorwerfen könnte, die aus Sicht einer wachsenden Anhängerschaft die einzige Option sind, die Republik wieder in ein sicheres Fahrwasser zu bringen. So mag es vielleicht der Neid darüber sein, dass Alice Weidel die Sorgen und Nöte des einfachen Mannes rhetorisch deutlich eloquenter benennen und Antworten liefern kann als manch ein fränkischer Provinzler, welcher sich im vehementen Abmühen verfängt, die Herausforderer durch die Moralkeule klein halten zu wollen. Dass das gerade dort nicht gelingt, wo sich die dritte Gewalt auch mitten im Zeitgeist noch der Blindheit von Justitia bewusst ist, scheint ein minimaler Hoffnungsschimmer, dass noch nicht alle Ebenen und Strukturen mit Linksgrünen durchsetzt sind.