Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Zum Fremdschämen!‘ – So feiert sich die SPD für ihren Antrag zum AfD-Verbot“ (aus: BZ vom 05.12.2025)
Wer sich der Peinlichkeit preisgeben will, der erkundigt sich über das passende Vorgehen am besten bei der Berliner SPD. Zwar steht die Partei in den dortigen Umfragen nur noch auf Platz fünf. Trotzdem sieht sie sich offenbar als die Krone der Schöpfung. Denn aktuell feiert sie sich wie ein Sieger, einigermaßen kindisch und profan. Mit einem höchst beschämenden Video wollte man auf Instagram und TikTok viral gehen, positionierte Fraktionschef Raed Saleh auf einem Drehstuhl, umrankt von mehreren Abgeordneten, die wechselweise Rosenblätter und Papier in die Luft schmeißen, habe man doch endlich einen Antrag auf Einleitung des AfD-Verbotsverfahrens ins Plenum eingebracht. Dass es in diesem ganz generell um verfassungsfeindliche und extremistische Strömungen geht, die nicht näher definiert werden, blieb im gesamten Freudentaumel unerwähnt. Stattdessen versah man den Post mit dem Untertitel „Unsere Demokratie gibt uns Instrumente an die Hand, damit sie sich ihrer Feinde erwehren kann. Sie gibt uns Instrumente an die Hand, um jene Grenzen zu verteidigen, die uns alle schützen – vor Hass, Spaltung und vor Angriffen auf die Menschenwürde“. Es sei „kein leichtfertiger Schritt“, nach Karlsruhe zu gehen, aber er sei notwendig, so erfährt man von sichtlich blamablen Gestalten in einer nur schwer nachvollziehbaren Ekstase.
Neben einem Verbot sollen auch andere Maßnahmen zum „Trockenlegen“ geprüft werden…
Letztlich wolle man nicht nur ein Untersagen der Partei prüfen lassen, sondern ziehe auch „Finanzierungskürzungen“ in Betracht, „um den Wettbewerb der politischen Parteien nicht unnötig zu gefährden“. Das ist also das Verständnis von Konkurrenz freimütiger Sozialisten, die den Markt nur dann als funktionierend betrachten, wenn in ihn eingegriffen wird. Hier spielen sich Genossen im Einklang mit der CDU erneut als Moralisten auf, die in einer Mischung aus Demokratie und Autoritarismus dazu übergehen, einen für den äußersten Ausnahmefall vorgesehenen Artikel des Grundgesetzes zum Machterhalt zu missbrauchen. Nicht nur gegen die unbehelligte Meinungsäußerung setzt man die Waffe der Repression ein, die unliebsame Stimmen eliminieren und die liberale Ordnung schwächen soll. Man richtet sich gezielt auf Andersdenkende, die momentan in vielen Umfragen führen. Da kann es kein Zufall sein, Bemühungen ausgerechnet dann zu forcieren, wenn in mehreren Bundesländern absolute Mandatsmehrheiten der „Blauen“ möglich erscheinen. Argumentativ ist man wieder einmal auf äußerst dünnem Eis unterwegs: Man wolle Lehren aus dem Scheitern der Weimarer Republik ziehen, verweist im Behördendeutsch auf eine vermeintlich nationalistische Gesinnung, die die Gemeinschaft von ethnischen Prinzipien und Merkmalen abhängig mache.
Wenn sich Demokratie und Verfassung leise und still „gute Nacht“ sagen…
Dass gleich an mehreren Stellen der Verfassung die Begrifflichkeit des Volkes steht, in § 6 BVFG sogar die Formulierung zu finden ist, dass „deutscher Volkszugehöriger“ sei, der sich „in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird“, bleibt in dieser Indizienkette völlig ausgespart. Der Übergang zwischen einer Diffamierung und Agitation gegen die Menschenwürde, wie sie die AfD – erwartungsgemäß ohne konkrete Nachweis – betreiben soll, und einer aggressiv-kämpferischen Haltung, wie sie die roten Roben als Voraussetzung definiert haben, ist gerade nicht fließend. Es mangelt ausdrücklich an konsistenten wie nachhaltigen Belegen dafür, dass der Umbruch des derzeitigen Systems angestrebt wird. Einzelne Aussagen von Vertretern reichen nicht aus, um einen Gesamteindruck über die Partei zu gewinnen. Eine strukturelle Minderheitenfeindlichkeit, die beispielsweise mit einer pauschalen Abwertung oder Ausgrenzung von Homosexuellen und Muslimen verbunden wäre, kann schon deshalb nicht vorliegen, weil die Co-Chefin selbst lesbisch ist. So beißt sich die Katze in den Schwanz, bleibt es bei schlichten Nebelkerzen, die wohl darüber hinweg täuschen sollen, dass die SPD nicht nur in der Hauptstadt zur bedeutungslosen Nische mutiert.







