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Selenskyj gerät zunehmend in Erklärungsnot unter der eigenen Bevölkerung

Durch seine Weigerung, in der Ukraine auch während des Krieges Wahlen durchzuführen, hat Selenskyj die Möglichkeit unterdrückt, dass der Bürger über seinen Kurs der beständigen Eskalation und des Vorgaukelns von Erfolgen an der Front abstimmt. Momentan lässt sich kein klares Stimmungsbild erheben, inwieweit die Bevölkerung weiterhin hinter der Strategie steht, auf Teufel komm raus den Feind auf dem Schlachtfeld militärisch zu übermann. Eine Utopie, die sich jeden Tag neu als Traumphantasie von Kiew herausstellt – denn mittlerweile sind die Kämpfe derart festgefahren, dass es nur noch darum geht, Stellungen zu halten. Von Offensive kann keine Rede mehr sein, stattdessen werden Menschen und Material verpulvert.

Und natürlich baut der Präsident eine Scheinwelt auf, die dem Land suggeriert, man erziele heroische Fortschritte gegen Russland. Das Gegenteil scheint eher der Fall zu sein. Im Zweifel hat Moskau bewiesen, dass es dazu bereit ist, mit deutlich mehr Angriffen gegen die Infrastruktur und die besetzten Gebiete vorzugehen – aber auch, weitere Regionen im Landesinneren zu erobern. Man fragt sich durchaus, ob das alles nötig ist, allein um der Erfüllung von Wünschen eines Machthabers willen, der gegen den Kreml eine verständliche Rachsucht hegt, aber mittlerweile weniger auf den Willen seiner Landsleute hört. Denn immer öfter werden Wehklagen aus dem Donbass und angrenzenden Abschnitten laut, die doch nichts mehr wollen als einen Frieden – und ganz selbstständig, ohne äußere Einflussnahme aus der Hauptstadt oder dem Westen, über ihre Zukunft entscheiden möchten.

Wird dieser Konflikt also deshalb nicht beendet, weil man Sorge davor hat, dass sich nicht wenige Zivilisten für eine nicht mehr zwingend dem ukrainischen Territorium zuzurechnende demilitarisierte, autonome Zone aussprechen würden – wenn im Gegenzug das Sterben und Leiden ein Ende hat? Natürlich wäre es ein fatales Signal, wenn wir Grenzen durch Gewalt verschieben lassen. Doch muss nicht manchmal der Pragmatismus siegen, der bei nüchterner Betrachtung zu dem Schluss kommt, dass jeder weitere gefallene Soldat ein Verlust ist, den man hätte vermeiden können – wenn man sich zumindest bereit gezeigt hätte, auf diplomatische Initiativen einzugehen, die es in der Vergangenheit ja durchaus gab?

Natürlich kann man diese Auseinandersetzung weiter prolongieren, allein aus Prinzipien heraus. Allerdings kann man sich auch mit Blick auf die jüngere Geschichte fragen, inwieweit der Darstellung doch gewisse Wahrhaftigkeit anhaftet, wonach seit dem Putsch und den Vorgängen auf dem Maidan eine westlich indoktrinierte Einflussnahme auf das gesamte Volk vorherrscht, die man gerade im dortigen Süden und Osten ablehnt? Nein, man darf dem imperialistischen Gebaren von Putin nicht auf den Leim gehen, der schlichtweg davon redet, man wolle das Land von Nazis befreien. Aber ein Quäntchen Ehrlichkeit wäre vielleicht geboten, blickt man authentisch und ohne NATO-Brille auf das Empfinden der Ukrainer, die sich eben nicht Europa hingezogen fühlen. Sie sollten ein Recht darauf haben, sich in freier Meinungsäußerung gegen die Linie von Selenskyj stellen zu können.

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