Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Queer-Hass von rechts: ‚Es beginnt bei Minderheiten, aber endet in der Mitte'“ (aus: „ntv“ vom 19.05.2025)
Eine Regenbogenfahne auf dem Reichstag, ein Musikwettbewerb in bunter Vielfalt. Die vergangenen Tage haben wieder einmal bewiesen, dass wir nicht nur in Deutschland unter einem Diktat von Minderheiten leiden. Und diese Feststellung geht mir gerade auch als schwuler Mann relativ leicht über die Lippen, mangelt es mir doch an jeglicher Ambition, meine sexuelle Orientierung in den Rang einer Ideologie zu erheben. Während also in Basel frenetisch für nonbinäre Personen gejubelt wurde, hatte es sich die neue Bundestagspräsidentin nicht nehmen lassen, eine mittlerweile zur Tradition gewordene Praxis fortzuführen, die all jenen sauer aufstoßen muss, welche es in ihrer Verstandsmäßigkeit als Unmöglichkeit betrachten, dass Schwarz-Rot-Gold auf unserem Parlament einem Symbol für vermeintliche Weltoffenheit und eine überstrapazierte Toleranz weichen muss. Durch die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch eine weisungsgebundene Behörde zu Köln wissen wir allerdings, dass es im Zweifel als gemeinwohlgefährdend gilt, sich nicht in den Reigen derjenigen zu stellen, die sogenannte „Queerness“ als das Ultimum der Schöpfung betrachten, sondern auf das Konzept der unteilbaren, weil natürlichen Zweigliedrigkeit verweisen.
Heutzutage scheint es mit unserer Verfassung nicht mehr vereinbar, die Regelhaftigkeit von Evolution und Biologie als unverrückbare Normalität anzusehen, wonach Diversität keine Alternative zu Mann oder Frau ist. Und während man in einer plakativen Mahnung vor einem Vordringen konservativer Werte in die Mitte unserer Gesellschaft warnt – die noch vor ein oder zwei Dekaden als eine hehre Tugend galten, nunmehr aber als anrüchig und verpönt deklariert werden, verstößt es doch angeblich gegen die Menschenwürde, gesteht man dem Einzelnen keine bis in den Exzess getriebene Selbstbestimmung zu -, kreischen jene Zeter und Mordio, die eine wegbrechende Förderung für den CSD fürchten. Dabei wäre es nur allzu sinnstiftend und ein Ausdruck von Pragmatismus, das Schaulaufen gescheiterter Existenzen in Lack, Leder und Windeln nicht länger mit öffentlichen oder privatwirtschaftlichen Geldern zu unterstützen. Denn mit einer Demonstration für mehr Gleichberechtigung und weniger Diskriminierung hat all das nichts mehr zu tun, was in Sachen Obszönität und Skurrilität kaum zu überbieten ist. Stattdessen scheint es mindestens eine geschmackliche, wohl aber auch eine geistige Verirrung, was da auf unseren Straßen an Extrovertiertheit getrieben wird.
Es kann einem Kollektiv nicht abverlangt werden, sämtliche Verstöße gegen Sitten, Normen, Werte und Ordnungen als eine Zumutung für jegliche Vernunft hinzunehmen, weil Lobbyisten mit der Moralkeule hinter Politik und Medien stehen, aber auch ganze NGOs für sich vereinnahmen, um letztlich auch diejenigen zu instrumentalisieren, welche zwar eine Liebe für ihresgleichen verspüren, diesen Uranismus aber allenfalls im Schlafzimmer praktizieren. Denn Privatsachen gehören nicht in die Öffentlichkeit. Und sie taugen auch wahrlich nicht als Richtschnur für ein Gefüge, das ohnehin schon aus dem Trott gekommen ist, erklärten Grüne und Linke Willkür oder Beliebigkeit zum Maßstab. Die Märchenerzählung von einer Feindseligkeit gegenüber bestimmten Lebensentwürfen ist einigermaßen grotesk, dürfte es eine zu vernachlässigende Zahl an aufgeklärten Bürgern sein, die irgendein Problem damit hätten, wenn Maskulinität zu Maskulinität und Femininität zu Femininität finden. Argwohn regt sich allein gegen die Perversion sämtlicher Konventionen, mit der eine Randgruppe den Rest tyrannisiert. Und so etwas muss sich niemand bieten lassen, der auf den Minimalkonsens pocht, wonach die Ratio das einzig verlässliche Leitmotiv jeder Gemeinschaft ist.