Dass die Alternative für Deutschland kurzzeitig in einigen Umfragen zurückgefallen, dürfte nicht der Wirkungskraft der so genannten Demonstrationen „gegen rechts“ zuzuschreiben sein, sondern vielmehr einer weiteren Zersplitterung der Parteienlandschaft. Für mich macht die Entwicklung gleich zwei Dinge sehr deutlich: Einerseits bricht das Schreckensbild einer baldigen Machtübernahme durch die AfD in sich zusammen. Immerhin ist ihr Stammwählerklientel doch deutlich kleiner, als zunächst angenommen. Viel mehr kristallisiert sich aktuell heraus, dass hinter den momentanen Anhängern und Sympathisanten weiterhin eine große Zahl an unschlüssigen, protestierenden und unzufriedenen Personen steckt, die diese politische Kraft nicht aus Überzeugung für ihre programmatischen Lösungskonzepte unterstützen – sondern lediglich ein Zeichen setzen wollen gegen die Etablierten.
Dass dieses Stoppschild allerdings auch artikuliert werden kann, indem man kleinere und noch im Aufbau befindliche Bewegungen fördert, wird am erheblichen Zuspruch für das frisch gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht oder die sich nun aufstellende Werteunion deutlich. Es gibt also keinen bloßen Durchmarsch der AfD, Horrorszenarien vor einer Alleinherrschaft entlarven sich als das von der Ampel und der Union getriggerte und von den Medien hofierte Instrument zur Mobilisierung einer unsicheren Bevölkerungsminorität, die in ihrer Hilflosigkeit über die Unfähigkeit der regierenden Eliten mit einem Strohhalm nach einem Anlass gesucht hat, um ihrer Verzweiflung über das Zerbrechen ökosozialistischer Wunschträume und einem zeitgeistigen Antipatriotismus Ausdruck zu verleihen.
Unter Zuhilfenahme von Nebelkerzen einer aufgebauschten, unter journalistisch fragwürdigen Umständen und der Anwendung unlauterer Mittel zustande gekommenen Schlagzeile über die Neuauflage der Wannseekonferenz, haben die Berliner Sesselkleber das Volk aufgewiegelt – obwohl es keinen einzigen schlüssigen Grund für Panik gibt. Denn dass unsere Demokratie schwingungsfähig ist, zeigen die sich nun wiederum selbstregulierenden Zustimmungswerte für AfD. Diese Variabilität ist das Merkmal einer widerstandsfähigen, vernünftigen und umsichtigen Volksherrschaft, die nicht nur in ihrer Verfassung zahlreiche Mechanismen eingebaut hat, um dieses „Nie wieder“ eben auch jetzt zu verhindern. Letztlich bleiben die demoskopisch erhobenen Zahlen in Bewegungen, Trends sind keine Garantie für dauerhaften Erfolg. Daher ist außer Spesen nicht viel gewesen. Eine künstlich herbeigeführte Empörung entpuppt sich als Aufschrei einer Sammlungsbewegung der Sinnsuchenden. Zweifelsohne könnte Teilen der Gesellschaft eine Therapie guttun. Denn Mitte-Phobie lässt sich zumindest bei nicht-behandlungsresistenten Linksverliebten durchaus abmildern.
