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Welches Volk hätten wir denn gerne, Herr Haldenwang?

Kommentar von Dennis Riehle

Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wird derzeit in einem großen Prozess die Frage geklärt, inwieweit der Verfassungsschutz die AfD in ihrer Gänze als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen darf. Aktuell stritt man sich vor den Richtern vor allem darum, wie die Begrifflichkeit vom deutschen Volk verstanden werden muss. Dass es hierbei zu deutlichen Unterschieden in der entsprechenden Auffassung durch die Alternative für Deutschland einerseits und der Vertretung der staatlichen Gegenseite andererseits kam, war nicht anders zu erwarten. Schließlich ist die in Art. 116 Abs. 1 GG vorgesehene Umschreibung ausschließlich rechtlich hinreichend, um sich der komplexen Materie zu nähern. Dass man dort in einer einigermaßen kurzsichtigen Betrachtung die Gesamtheit aller Staatsbürger zur Erfüllung der Definition als genügend ansieht, offenbart die Mangelhaftigkeit dieser Erläuterung. Denn gerade unter den politischen Entscheidungen durch die Ampel, die es nun ermöglicht hat, bereits nach drei Jahren den deutschen Pass hinterher geworfen zu bekommen, hat diese Charakterisierung unendlich an Wert verloren. Es ist dagegen die von Faeser und Haldenwang als Argument für die Grundgesetzwidrigkeit herangezogene völkische Ideologie, welche in großen Teilen der Partei als Konsens gilt, die sich eben nicht darauf ausruht, unsere Gemeinschaft ausschließlich entlang von Formalitäten zu beschreiben. Stattdessen vertritt sie die Sichtweise, das Miteinander durch die verbindenden Merkmale wie Sprache, Religion, Tradition, Sitten, Brauchtum, Historie oder Sozialisation zu kennzeichnen.

Dass es sich hierbei um eine legitime Perspektive handelt, die sie auch umfassend mit unserem demokratischen Wertekanonen in Einklang bringen lässt, verdeutlicht bereits die mit ihr eng verbundene patriotische Gesinnung als eine positiv konnotierte Haltung gegenüber der eigenen Identität und Herkunft, ohne dabei aber in einer nationalistischen Manier den Unbekannten allein aus Gründen seiner ethnischen Zugehörigkeit herabzuwürdigen, zu segregieren oder gar zu bekämpfen. Die AfD spricht sich für die Heimat aus, aber nicht pauschal gegen das Fremde. Wer dem bereits in der Bibel formulierten Vorrangigkeitsgebot nacheifert und sich zunächst für die Anliegen und Bedürfnisse seiner Gruppe einsetzt, benachteiligt nicht automatisch die ihr nicht zugehörigen Personen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der Alternative für Deutschland habe ich keinen Zweifel daran, dass die allermeisten ihrer Mitglieder weder einem dezidierten noch indirekten Rassismus zugeneigt sind, also das Externe gerade nicht aus xenophobischen Gründen ablehnen. Stattdessen stellen sie die Befürwortung der inhärenten Kultur in den Vordergrund, ohne dabei aber eine generalisierte Ablehnung von Individuen anderer Abstammung vorzunehmen. Dass die Partei beispielsweise dem Islam in seiner politisierten Form nicht nur kritisch, sondern zurückweisend gegenübersteht, bedeutet keinesfalls eine Geringschätzung von verantwortungsvollen, liberalen und freiheitlich orientierten Muslimen. Wer sich der Differenzierung zu schade ist, hat wesentliche Grundzüge des Rechtsstaates nicht verstanden.

Ebenso ist die Forderung nach Remigration von negativ beschiedenen, ausreisepflichtigen, keine Aufenthaltsberechtigung mehr besitzenden, illegal eingewanderten, ihre Daten verschleiernden, fanatisierten oder straffällig werdenden Asylbewerbern keine Absage an diejenigen, die tatsächlich aus Gründen der Verfolgung das ihnen zustehende Grundrecht auf Schutz in Anspruch nehmen wollen. Und es ist für jede andere Gesellschaft auf diesem Globus eine Selbstverständlichkeit, sich vornehmlich des Ausgegrenzten in den eigenen Reihen anzunehmen – um die dann noch zur Verfügung stehenden Kapazitäten und Ressourcen auch denjenigen zugutekommen zu lassen, die aus dem hehren Ansinnen der Mitwirkung zu mehr Wirtschaftlichkeit, Wachstum oder Wohlstand und in der Bereitschaft zur Integration zu uns kommen. Genauso ist es andernorts eine Normalität, den Sockel, die Keimzelle und den Ursprung eines Verbundes in erster Linie an die Autochthonie zu knüpfen. Denn es entspricht der bei etwas Unvoreingenommenheit, Distanz und Neutralität einleuchtend erscheinenden Logik, dass die Schöpfung die einzelnen Gattungen zunächst einmal separiert voneinander an unterschiedlichen Orten gedeihen ließ – weil die Evolution durch entsprechend verteilte Merkmale zur Identifikation mit den anderen Gliedern derselben und in Spezifität singulär und exklusiv miteinander verbundenen Entität wohl darauf abzielte, dass es schon allein deshalb nicht zu einer vollkommenen Durchmischung verschiedenster Totalitäten kommen soll, da hierdurch deren Funktionalität gefährdet wäre. Um Regelhaftigkeit, Verbindlichkeit und Kollektivität in einer Völkerschaft sicherstellen zu können, braucht es eine Mehrheit, an deren Prinzipien eine Orientierung möglich ist. Eine entsprechende Leitschnur kann aber nur von denjenigen ausgegeben werden, die in ihrer Überzahl zur formativen Etablierung, ihrer exekutiven Durchsetzung und der konstruktiven Verteidigung befähigt sind. Und dass es die Gründungsväter unserer Verfassung nicht als beabsichtigt oder gewollt angesehen haben, wonach diese Majorität durch eine sukzessive, unbegrenzte und fortwährende Massenmigration ins Wanken gebracht wird, macht eigentlich schon das Gebaren einiger hochrangiger Politiker dieser Tage deutlich, die den Begriff des Deutschen aus Urkunden oder Gesetzen streichen wollen. Es ist eben nicht mit den Bedingungen eines jeden Landes vereinbar, den Übergang von einer Wesenseinheit in die nächste zu erleichtern oder Prägungen und Wurzeln zu kappen. Es geht nicht um die strukturelle oder von Fremdenhass getragene Ausgrenzung des Neuen, sondern um das Bewahren des die Einigkeit garantierenden Fundaments. Eine Weltanschauung des unlimitierten und größtmöglichen Pluralismus muss in Anarchie und Chaos enden, weil das obsessive Verordnen eines Zusammenlebens auf geografisch umschlossenem Raum zu Rivalität, Konfrontation und Machtkampf führt. Und gerade das will unser Grundgesetz nicht. Daher müssen sich die Richter im Zweifel durchaus eine wankelmütige Argumentation einfallen lassen, wollten sie der Alternative für Deutschland extremistische Bestrebungen allein deshalb vorwerfen, weil sie ein dem Erhalt der Stabilität stiftenden Substanz verpflichtetes Verständnis von unserem Volk pflegt.